Berlin - Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat deutliche Erwartungen an den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Kiew formuliert. Die Ukraine erwarte Wirtschaftshilfen, ein klares Engagement für einen sofortigen EU-Beitritt der Ukraine - und doch noch deutsche Waffenlieferungen, sagte er dem Fernsehsender "Welt" dazu.
"Das ist ein gutes Zeichen, dass man zuerst in Kiew ist und Gespräche mit dem Präsidenten der Ukraine, Herrn Selenskyj, führt. Gleichzeitig hoffen wir, dass das nicht nur eine Zwischenstation sein wird auf dem Weg nach Moskau, sondern dass man nicht nur über das Thema Krieg und Frieden spricht, sondern dass man die Ukraine auch stützt mit einem neuen großen Paket, vor allem um die Wirtschaft zu unterstützen", so der Diplomat. "Wir sind keine Bittsteller, wir brauchen keine Almosen, sondern wir wollen, dass die Deutschen den Ernst dieser Stunde erkennen und dass uns geholfen wird - hoffentlich doch mit Defensivwaffen, aber auch damit, dass man die Wirtschaft stützt." Auf deutsche Waffenlieferungen hofft Melnyk noch immer, das sei auch Teil der diplomatischen Verhandlungsmasse gegenüber Putin: "Wir hoffen, dass wir in den nächsten Wochen auch die deutsche Öffentlichkeit - und die Bundesregierung, natürlich - davon überzeugen können, dass, man uns Ukrainern in dieser dramatischen Lage auch mit Waffen hilft."
Das bedeute nicht, dass diese Waffen auch zum Einsatz kommen müssen, aber für Präsident Putin werde diese politische Entscheidung in Deutschland "durchaus eine große Bedeutung" haben. "Wir sind keine Selbstmörder, aber wir müssen wissen, wenn es zu diesem schrecklichen Szenario kommen müsste, dann wird der Preis für Herrn Putin und seine Soldaten dermaßen hoch sein, dass dieser Krieg vielleicht doch noch abgewendet werden kann." Olaf Scholz müsse in Kiew signalisieren, dass Deutschland sich für einen sofortigen Beitritt der Ukraine zur EU einsetzt - und auch die NATO-Mitgliedschaft müsse perspektivisch möglich sein, forderte Melnyk. "Wir erwarten, dass die Deutschen richtige politische Weichenstellungen vornehmen, nämlich, dass die Ukraine eine Beitrittsperspektive für die Europäische Union erhält, und zwar schon heute, gleich."
Das wäre auch "keine rote Linie für Herrn Putin, dass die Ukraine Teil dieser Familie wird". Und das Thema NATO bleibe auf dem Tisch: "Wir werden darüber reden können, in welchem Format das möglich sein kann. Das sind die Bitten an die Deutschen, die wir haben. Und wir hoffen, dass die neue Ampel-Regierung, dass Herr Scholz tatsächlich den Ernst dieser Situation erkennen werden und auch entsprechend handeln."
Foto: Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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