Berlin - Ein Bündnis aus Verbänden und Organisationen der Bau- und Immobilienbranche kritisiert in einem Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Spitzenpolitiker der Bundes- und Landespolitik die bisherige Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung. Die 34 Verbände und Organisationen warnen in dem Schreiben, das am Donnerstag verschickt werden soll und über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben) vorab berichten, davor, dass sich immer mehr Menschen das Wohnen in Deutschland nicht mehr leisten können.
Das Bundestagswahljahr drohe zum "Corona-Wohnkrisen-Jahr" zu werden, heißt es in dem Schreiben. Zu den Unterzeichnern der Aktion unter dem Namen "Impulse für den Wohnungsbau" gehören unter anderem die Gewerkschaft IG Bau, der Deutsche Mieterbund, die Bundesarchitektenkammer, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Die Situation sei "in vielen Bereichen des deutschen Wohnungsmarktes nach wie vor angespannt", heißt es in dem Schreiben. Um eine "neue Corona-bedingte Wohnungskrise" zu vermeiden, sei daher eine zweite Wohnraumoffensive erforderlich. Die Bundesregierung hatte bereits 2018 eine Wohnraumoffensive gestartet, wird ihr selbst gestecktes Ziel von 1,5 Millionen neu gebauten Wohnungen mit voraussichtlich 1,2 Millionen fertiggestellten Wohnungen aber wohl nicht erreichen. Durch die Corona-Pandemie werde die Zahl der einkommensschwachen Haushalte in Deutschland steigen, fürchtet das Bündnis. "Damit wird sich das Problem des bezahlbaren Wohnens und der massive Mangel an Sozialwohnungen nochmals deutlich verschärfen - für viele Haushalte vorübergehend, für einen Großteil aber auch längerfristig oder sogar dauerhaft. Wir werden hier eine neue Dimension in der sozialen Frage `Wohnen` erreichen", sagte Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und Koordinator der Aktion, den Funke-Zeitungen. Der IG-BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger nannte die aktuelle Wohnraumoffensive der Bundesregierung einen "Etikettenschwindel", denn: "Es wird nach wie vor zu wenig gebaut, vor allem aber am Bedarf vorbei. Mieten und Kaufpreise sind für die meisten Haushalte nicht bezahlbar", sagte der Gewerkschaftschef den Funke-Blättern. Scharfe Kritik übte Feiger an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): "Seit Horst Seehofer Bundesbauminister ist, gibt es nicht mehr, sondern weniger Sozialwohnungen. Der Schwund ist enorm: 43.000 Sozialwohnungen sind bundesweit in den vergangenen fünf Jahren vom Markt verschwunden - und zwar Jahr für Jahr." Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), kritisierte, dass zu viele Bauanreize der Regierung ein "Verfallsdatum" hätten: "Zu viele Förderungen werden nach Kassenlage des Finanzministers gemacht", sagte Metzger den Funke-Zeitungen. Den Bau könne man aber nicht per "politischem Knopfdruck zu Beginn einer Legislaturperiode beliebig an- und danach wieder abschalten", sagte Metzger. Das Verbändebündnis fordert daher in einem Acht-Punkte-Plan eine massive Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Nötig seien 80.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr, heißt es in dem Schreiben, dafür seien "mindestens fünf Milliarden Euro von Bund und Ländern" notwendig. Um bezahlbares Wohnen stärker zu fördern, fordert das Bündnis verbesserte Abschreibebedingungen und regionale Förderinstrumente. Genehmigungs- und Bauprozesse sollten beschleunigt werden. Auch solle die Anschaffung von Wohneigentum erleichtert werden, dafür müsse das Baukindergeld verlängert werden, die Nebenkosten bei der Erst-Anschaffung sollten "auf den Prüfstand". Öffentliche Grundstücke sollten preisgünstig vergeben werden, heißt es weiter, beim Altbau-Umbau sollten nicht dieselben Kriterien wie beim Neubau gelten. Um die Klimaziele zu erreichen, fordert das Verbändebündnis mehr Forschung und Entwicklung von Baustoffen und Baupreisen.
Foto: Baustelle (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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