Berlin - Das Verteidigungsministerium fordert Mehrausgaben von knapp 38 Milliarden Euro in den Verhandlungen über den Haushalt für 2022 und die Eckwerte des Finanzplans bis 2026. Das geht aus den vertraulichen Eckwerteforderungen des Wehrressorts hervor, die an das Bundesfinanzministerium übermittelt wurden und über die die "Welt am Sonntag" berichtet.

Danach benötigt die Bundeswehr im Jahr 2023 statt der vom Finanzministerium bislang in der mittelfristigen Planung vorgesehenen 47,3 Milliarden Euro 53,7 Milliarden Euro. Dieses Delta wächst jährlich: 2024 werden statt 47,1 Milliarden Euro 55,4 gebraucht, 2025 57,2 statt 46,7 Milliarden. Und 2026 beträgt der Bedarf statt 46,7 stolze 59,1 Milliarden Euro. Der Fehlbetrag summiert sich insgesamt auf 37,6 Milliarden Euro.

Selbst mit diesem Betrag, so schreiben die Bundeswehrplaner, ließen sich die aus den Zusagen an die NATO abgeleiteten und im sogenannten "Fähigkeitsprofil" der Streitkräfte festgelegten "Maßnahmen und Vorhaben" nicht "zeitgerecht" erreichen. Mit den vom Wehrressort vorgelegten Forderungen würde man 2026 gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 1,5 bis 1,6 Prozent Verteidigungsausgaben kommen. Der NATO zugesagt sind zwei Prozent. Inwieweit die Finanzierungslücke in den laufenden Verhandlungen geschlossen werden kann, entscheidet darüber, was die Bundeswehr dem Bündnis an militärischer Hardware zur Verfügung stellen kann.

Stand jetzt nicht finanziert ist laut des Schreibens ein Nachfolgesystem für den Kampfjet Tornado, das Deutschlands nukleare Teilhabe in der NATO sichern soll. In den Eckwerteforderungen an das Finanzministerium sind weiter schwere Transporthubschrauber, die digitale Führungsfähigkeit des Heeres, Eurofighter, Korvetten K130, Marinehubschrauber Sea Tiger, die Modernisierung der Patriot-Flugabwehr, Puma-Schützenpanzer oder schwere Waffenträger für die Infanterie als mit den bisherigen Planungen nicht finanziert genannt. Mit 22 Milliarden Euro machen militärische Beschaffungen den Löwenanteil der Mehrforderungen aus. Weitere drei Milliarden Euro würden gebraucht, um Waffensysteme in Nutzung zu warten oder überhaupt erst einsatzbereit zu machen.

In einer ersten Reaktion hatte das Finanzministerium die Forderungen zurückgewiesen. "Die Bewältigung der Zukunftsaufgaben ist mit einer soliden und nachhaltigen Haushaltspolitik verbunden", schreibt Finanzstaatssekretär Werner Gatzer in einem der "Welt am Sonntag" vorliegenden Brief an seine Kollegin Margaretha Sudhoff im Wehrressort. Ab 2023 sei die Schuldenregel des Grundgesetzes wieder ausnahmslos einzuhalten, deshalb müssten "alle Ausgaben auf den Prüfstand". Es folgen eine Reihe von Spartipps und der zentrale Hinweis, dass eine "Rückführung" der Ausgaben bis 2026 "auf das ursprüngliche Niveau des Haushalts 2020" vorgesehen sei.

In Zahlen bedeutet das: Der Verteidigungsetat soll von 50,3 Milliarden Euro in diesem Jahr schrittweise auf 46,7 Milliarden Euro im Jahr 2026 sinken. Derzeit gibt Deutschland 1,57 Prozent seines BIP für die Bundeswehr aus, in vier Jahren wären es - je nach volkswirtschaftlicher Entwicklung - nach dieser Planung dann nur noch rund 1,2 Prozent. Der Abschluss der Verhandlungen zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium ist für kommende Woche Freitag vorgesehen. Am 9. März soll der Haushalt vom Kabinett beschlossen werden.

Foto: Bundeswehr-Soldat mit G36 (über dts Nachrichtenagentur)

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