Berlin - Der Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr hat die Politik zu schnellen Lockerungen aufgerufen. "Man muss überall dort lockern, wo es nachweislich nicht zu Corona-Ausbrüchen kommt", sagte Stöhr dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Dienstagausgaben).

"Umfangreiche Lockerungen sind längst überfällig", so der Experte weiter. "Eine Aufhebung aller G-Regeln in Einzelhandel und in Gastronomie ist zwingend notwendig, da beides nie Hotspots waren." Besonders die vielen Tests in den Schulen seien überflüssig, "weil sie nicht zur Pandemiebekämpfung beitragen". Denn die Kinder könnten zuhause Familienangehörige anstecken und "erkranken selbst in der Regel nicht schwer", erklärte Stöhr. Dennoch sprach er sich dafür aus, an bestimmten Tests festzuhalten. "Tests sollten weiterhin in Alten- und Pflegeheimen und Krankenhäusern eingesetzt werden, wo sich vulnerable Gruppen befinden. Wir müssen die älteren Menschen weiterhin schützen, die ein hohes Risiko haben, an Covid-19 zu versterben." Stöhr kritisierte, dass die Politik beim Bund-Länder-Treffen Lockerungen auf die nächsten Wochen herauszögere.

"Da den Krankenhäusern offensichtlich keine Überlastung droht, muss ein weiteres Herauszögern von Lockerungen genau begründet werden: mit Zahlen und Fakten", so Stöhr. "Jetzt wie der Expertenrat auf einen Abfall der Welle zu warten, ohne dass dieser Abfall genauer definiert ist, widerspricht dem Ziel der Pandemiebekämpfung: eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern." Noch erstaunlicher sei dies angesichts des Umstandes, da dieses Ziel laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) bereits erreicht wurde. Die DKG hatte in der vergangenen Woche erklärte, dass sie nicht mehr mit einer Überlastung der Krankenhäuser rechne.

Deutschland stehe im Vergleich mit anderen Ländern bei der Inzidenz und der Belegung der Krankenhäuser und Intensivstationen gut da, so Stöhr, und habe mehr Intensiv- und Normalkrankenhausbetten als fast alle Länder. Er kritisierte daher die Stellungnahme des Expertenrates: "Für mich unerklärlich ist, woher die Experten die Sorge nehmen, dass die Krankheitslast wieder ansteigen könnte. Wir sehen bereits sinkende Omikron-Meldeinzidenzen in sehr vielen europäischen Ländern, auch in England, Australien und den USA, ohne Berichte eines überlasteten Gesundheitswesens oder weiteren ‚gefährlichen‘ Varianten." Es sei nicht zu erwarten, das sich die Pandemie in Deutschland bei noch besseren Voraussetzungen anders entwickeln werde, so Stöhr.

"Für mich sind diese Sorgen epidemiologisch nicht nachvollziehbar und bisher ohne jede Substanz geblieben."

Foto: 2G und Maskenpflicht in der Gastronomie (über dts Nachrichtenagentur)

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