Von: Jürgen Kremb, 31. Januar 2021

Kurz nachdem Joe Biden im Weißen Haus eingezogen war, verfügte er,  dass in seiner Administration der in Wuhan zuerst aufgetretene  Coronavirus strikt „SARS-Co V-2“ zu nennen sei. US-Bürger von  chinesischer und asiatischer Abstammung hatten vor Behörden und lokalen Parlamenten demonstriert. Sie hielten Schilder hoch, auf denen zu lesen  war: „Wir sind kein Virus.“ Oder: „China ist kein Virus.“ Der neue  Präsident meinte, die Bezeichnung China-Virus oder Wuhan-Virus, von  seinem Vorgänger Donald Trump häufig benutzt, trage einen rassistischen  Unterton.

Aber ist das wirklich so oder ist der neue Präsident da nicht schon  wieder auf die Propaganda der kommunistischen Partei Chinas  reingefallen?

Der deutsche Sinologe und Asienexperte Oskar Weggel sagte einmal  sinngemäß, China besetze nicht Länder, sondern Köpfe. Das stimmt zwar  nicht ganz, schaut man sich einst unabhängige Nachbarländer von China  an, wie etwa Tibet, Ostturkestan, die Innere Mongolei oder Vietnam und  Korea, die während der Kaiserzeit oder der kommunistischen Regentschaft  ganz von China besetzt oder zeitweise überrannt worden sind. Getreu der  Handlungsmaxime, erst kommen die Kaufleute, dann Siedler, schließlich  Soldaten und letztendlich die Beamten Chinas, nebst der staatlichen  Unterdrückung durch Han-Chinesen.

Aber Weggels Einwurf, geprägt von der Mao-Zeit, war so gemeint, dass  bevor die Volksrepublik China in einem Land einmarschiert, haben die  Propagandisten aus Peking schon die Gehirne ihrer Gegner gewaschen und  mit Spruchblasen sowie Gedankenverboten paralysiert. Überfall und  Okkupation beginnen stets mit dem Krieg der Worte. Oder deutlicher  gesagt, die extrem dünnhäutige chinesische Führung – Thematik  Gesichtsverlust – lässt kein Mittel unversucht, in Diskussionen stets  ihre Sprachregelung zum alleinseligmachenden Dogma zu postuliert.

Das fängt lapidar an. Das Neujahrsfest im asiatischen Mondkalender  (engl. „Lunar New Year“), obwohl überall in Ost- und vielfach in  Südostasien gefeiert, heißt nur noch Chinesisch Neujahr. Es wird  hochpolitisch, wenn beispielsweise auch in gedankenlosen westlichen  Medien „China die abtrünnige Provinz Taiwan heimholen“ will. Das, obwohl  Taiwan nie ein Teil der erst 1949 gegründeten Volksrepublik China war.  Und es wird unerträglich, wenn Konzentrationslager für Uiguren, Kirgisen  und Kasachen, in denen Angehörige von ethnischen Minderheiten  gefoltert, deren Frauen zwangssterilisiert und vergewaltigt werden, nur  „Berufsbildungszentren“ der chinesischen Regierung sind.

Framing heißt das in Neu-Deutsch, was China schon seit den 50er  Jahren betreiben. Stets soll sich die Welt auf die chinesische, somit  KPCh-Sprachregelung einlassen. Falls das nicht geschieht, mischt man  sich angeblich in die „inneren Angelegenheiten Chinas“ ein, ist schnell  ein „Gegner des chinesischen Volkes“ oder beleidigt die „1,4 Milliarden  Chinesen“, bis zum letzten Bauern im hintersten Zipfel des  Riesenreiches.

Tödlicher Siegeszug eines Virus um die Welt. Foto: Pixabay/ rechtefrei

Aber warum gewährt Joe Biden, genau wie die EU, Angela Merkel und  Medien weltweit den Propagandisten Pekings im Akt vorauseilenden Gehorsams ein linguistisches Sonderrecht. Sozusagen das Recht auf global  beleidigte Leberwurst? Als Sprachcapo China-genehmer „political  correctness“.

Chinas Führung hält sich nämlich auch nicht dran. Dort spricht man  ganz selbstverständlich von der „Spanischen Grippe“, auch wenn diese,  wie wir heute wissen, in Kansas ausgebrochen ist. Man kennt die „German  Measles“ (Rubella), also die „deutschen Masern“, die „japanische  Enzephalitis“ (japn. Gehirnhautentzündung) und spricht auch in China  unter Medizinern von der „Hongkong-Grippe“. Sogar von der „deutschen  Kakerlake“ (dt. Schabe, bzw. Küchenschabe) ist die Rede. Und die  Mutanten des „Wuhan-Virus“ heißen auch in Peking die „englische“,  „südafrikanische“ oder „brasilianische“ Mutation des „Corona-Virus“.

Bevor wir jetzt alle von „SARS-Co V-2“ und der (britischen) Variante  „VOC-202012/01 der Linie B.1.1.7“ oder „501Y.V2“ (Südafrika) sprechen,  wäre die „britische Mutante“ des „Wuhan-Virus“, welches „Covid-19“  auslöst ziemlich präzise, ja gerechter. Chinas Regierung hat versucht  aus purem Machtkalkül den Ausbruch von Covid-19 lange zu vertuschen.  Whistleblower, wie der an Covid-19 verstorbene Arzt Li Wenliang wurden  mundtot gemacht, Kritiker und Blogger ins Gefängnis gesteckt, nur weil  sie es wagten, auf eine drohende Seuche aufmerksam zu machen, die es in  Xi Jinpings Lügenreich nicht geben durfte.

Und noch immer verwehrt die KPCh, wie unlängst einer Delegation der  WHO in Wuhan, korrekte Daten herauszugeben, die erklären würden, warum  das „Wuhan-Virus“ seinen tödlichen Siegeszug von der chinesischen  Großstadt um den Globus antreten konnte. Solange Xi Jinping und seine  Genossen dieses Spiel mit der Weltöffentlichkeit treiben, sollte diese  zumindest von der präzisen Begrifflichkeit „Wuhan-Virus“ reden dürfen.

Zuerst erschienen auf: Der Rikscha-Reporter, Blick auf Asien von Jürgen Kremb.

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