Wiesbaden - Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2020 rund 45.400 sogenannte Inobhutnahmen durchgeführt. Das waren knapp 4.100 Fälle und somit acht Prozent weniger als im Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit.
Anders als in den beiden Vorjahren war dafür im Corona-Jahr 2020 jedoch nicht allein die sinkende Zahl der Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise verantwortlich (‑1.100 Fälle). Noch deutlicher war der Rückgang in Fällen von dringender Kindeswohlgefährdung (-2.100 Fälle). Auch die Zahl der Selbstmeldungen von Jungen und Mädchen hat 2020 - im Unterschied zu den beiden Jahren zuvor - abgenommen (-800 Fälle). Inwieweit diese Entwicklungen in Zusammenhang mit den Lockdowns und den Kontaktbeschränkungen infolge der Corona-Pandemie stehen, lässt sich anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht beantworten.
Zwei Drittel (67 Prozent) der Inobhutnahmen erfolgten wegen einer dringenden Kindeswohlgefährdung, 17 Prozent aufgrund einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland und weitere 17 Prozent auf Bitte der betroffenen Minderjährigen. Ein Drittel (33 Prozent) aller 2020 in Obhut genommenen Jungen und Mädchen war jünger als zwölf Jahre, jedes zehnte Kind (elf Prozent) sogar jünger als drei Jahre. Am häufigsten wurden Kinder und Jugendliche 2020 wegen der Überforderung eines oder beider Elternteile in Obhut genommen (41 Prozent), so die Statistiker weiter. Mit Abstand folgte an zweiter Stelle die unbegleitete Einreise aus dem Ausland (17 Prozent).
Anzeichen für Vernachlässigungen waren der dritthäufigste (15 Prozent) und Hinweise auf körperliche Misshandlungen der vierthäufigste Grund für eine Inobhutnahme (13 Prozent). An fünfter Stelle standen Beziehungsprobleme (ebenfalls 13 Prozent) und auf Rang 6 psychische Misshandlungen (acht Prozent). Mehrfachnennungen waren hierbei möglich. Die meisten Minderjährigen waren vor der Inobhutnahme bei einem alleinerziehenden Elternteil (25 Prozent), bei beiden Eltern gemeinsam (25 Prozent) oder bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft untergebracht (14 Prozent).
Aber auch eine vorherige Heimunterbringung war nicht selten (13 Prozent). Etwa jede zweite Schutzmaßnahme konnte nach spätestens zwei Wochen beendet werden (52 Prozent). In etwa jedem achten Fall dauerte die Inobhutnahme mit drei Monaten oder mehr jedoch vergleichsweise lang.
Foto: Kinder vor einem unsanierten Haus in Berlin-Neukölln (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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