Berlin - Der Wirtschaftsweise Volker Wieland erwartet, dass die Inflation bald aufgrund temporärer Effekte deutlich über dem angestrebten Ziel von knapp unter zwei Prozent liegen wird. "Allerdings können auch temporäre Effekte dauerhaft wirken, wenn die Geldpolitik zu lange so locker bleibt wie jetzt", sagte Wieland den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

"Das kann Anlass zur Sorge geben." Der Ökonom, der seit 2013 dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung angehört, rechnet damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Schwierigkeiten haben wird, ihre Goldpolitik zu straffen. "Grund sind insbesondere die stark gestiegenen Staatschulden. Da muss die EZB mit kräftigem, politischem Gegenwind rechnen, wenn sie Anleihekäufe stoppen und Notenbankzinsen erhöhen will", sagte Wieland.

In seiner März-Prognose war der Sachverständigenrat noch von einer Inflation auf Jahressicht von 2,1 Prozent für Deutschland und 1,6 Prozent für den Euroraum ausgegangen. Nun rechnet das Beratergremium der Bundesregierung mit höheren Zahlen. "Inzwischen zeichnet sich eine etwas schnellere wirtschaftliche Erholung ab, sodass die Inflationsprognose auch höher ausfallen könnte", sagte Wieland. Das Risiko einer höheren Rate sei "deutlich angestiegen".

Der Wirtschaftsweise rechnet damit, dass die Inflation im Durchschnitt in Deutschland höher als im Euroraum ausfallen wird, da sich unter anderem die deutsche Wirtschaft schneller erhole. Auch im kommenden Jahr könnten sich die Verbraucherpreise stärker als angenommen erhöhen. Bisher geht der Sachverständigenrat von einer Inflationsrate von 1,9 Prozent für Deutschland und 1,6 Prozent für den Euroraum aus. Allerdings könnten manche Güter auch in Zukunft verstärkt nachgefragt werden, die Preise also steigen, gibt Wieland zu bedenken.

Hinzukommen kämen weitere Maßnahmen für den Klimaschutz. "Bereits die letztes Jahr beschlossenen CO2 Preiserhöhungen in Deutschland für Mobilität und Gebäude haben eine deutliche Wirkung auf die Verbraucherpreise in diesem und in den kommenden Jahren. Aber es kommen nun weitere Maßnahmen und ehrgeizigere Klimaziele hinzu. Das wird Kostensteigerungen nach sich ziehen, die in den genannten Inflationsprognosen noch nicht berücksichtigt sind", sagte Wieland.

Foto: EZB (über dts Nachrichtenagentur)

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