Nürnberg - Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, appelliert an die Bundesregierung, deutlich mehr Zuwanderer ins Land zu holen als in den vergangenen Jahren. "Fakt ist: Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe).

Durch die demografische Entwicklung nehme die Zahl der potenziellen Arbeitskräfte im typischen Berufsalter bereits in diesem Jahr um fast 150.000 ab. "In den nächsten Jahren wird es viel dramatischer", so Scheele. Deutschland könne das Problem nur lösen, indem es etwa Ungelernte qualifiziere, Arbeitnehmer mit unfreiwilliger Teilzeit länger arbeiten lasse - und vor allem, indem es Zuwanderer ins Land hole. Das müsse die neue Bundesregierung alles anpacken. "Wir brauchen 400.000 Zuwanderer pro Jahr. Also deutlich mehr als in den vergangenen Jahren." Von der Pflege über Klimatechniker bis zu Logistikern und Akademiken: "Es werden überall Fachkräfte fehlen", so der Arbeitsagentur-Chef. Auf mögliche Widerstände gegen Migration angesprochen, sagte er: "Man kann sich hinstellen und sagen: Wir möchten keine Ausländer. Aber das funktioniert nicht."

Scheele kritisierte Firmen, die hohe Dividenden ausschütten, obwohl sie in der Coronakrise hohe Summen für Kurzarbeit bekamen: "Das hat schon ein gewisses Gschmäckle. Aber für seinen Ruf ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich." Scheele erwartet, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt.

Die Kurzarbeit habe sich "auf Heller und Pfennig gelohnt". Die großzügigen Zuschüsse müssten nicht verlängert werden: "Am 31.12. sollte mit der Kurzarbeit Schluss sein, was die erweiterten Leistungen betrifft." Die Arbeitsagentur habe bisher 6.000 Hinweise auf möglichen Missbrauch der Kurzarbeit erhalten und wegen Anfangsverdachts 133 Fälle an Polizei und Staatsanwalt gegeben. "Die Zahlen zeigen: Betrug und Missbrauch sind kein Massenphänomen", so Scheele.

Foto: Bundesagentur für Arbeit (über dts Nachrichtenagentur)

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