Berlin - Deutschland ist nach Ansicht von Ärztepräsident Klaus Reinhardt schlecht darauf vorbereitet, Kranke und Kriegsverletzte aus der Ukraine hierzulande medizinisch zu versorgen. "Organisatorisch ist Deutschland nicht gut aufgestellt, um Erkrankte und Schwerverletzte, die in der Ukraine nicht versorgt werden können, zu behandeln", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Es müsse zentral organisiert werden, wer die Betroffenen ausfliege und wie sie in Deutschland zur Behandlung verteilt werden sollten. "Ich finde es angesichts des unermesslichen Leids, das die Bevölkerung erlebt, völlig unverständlich und fahrlässig, dass diese Fragen noch nicht geklärt sind", kritisierte der Ärztepräsident. Es gebe noch nicht einmal einen Überblick darüber, wie viele Kranke und Kriegsverletzte sich bereits in Deutschland befänden. Kritik übte Reinhardt auch an der Organisation der medizinischen Versorgung der nach Deutschland Geflüchteten.

Nur in neun Bundesländern gebe es ein unkompliziertes Verfahren, bei dem die Geflüchteten schnell eine elektronische Gesundheitskarte erhielten. "Woanders herrscht Zettelwirtschaft mit Behandlungsscheinen", beklagte der Ärztepräsident. Ärzte müssten sich auf die medizinische Behandlung konzentrieren können, nicht auf das Ausfüllen von Formularen, kritisierte er. "Dieser föderale Flickenteppich ist unerträglich."

Der Ärztepräsident räumte zugleich ein, dass die psychologische Betreuung der Geflüchteten schwierig werde. "Wir werden ihnen in dieser Hinsicht aus Kapazitätsgründen nur unzureichend helfen können, da muss man ehrlich sein", sagte er. Es fehlten nicht nur Dolmetscher, sondern auch das medizinische Fachpersonal. Reinhardt appellierte außerdem an die Länder, eine rasche Beschäftigung von geflüchteten ukrainischen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland zu ermöglichen.

Dazu gebe es die Möglichkeit, vor einer regulären Approbation sogenannte Berufserlaubnisse zu erteilen. Zwar seien auch dafür ausreichende Sprachkenntnisse nötig. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass diese Ärzte unter Aufsicht arbeiten könnten. "Aber ich glaube, gut organisiert und vernünftig gemacht, ist da durchaus einiges möglich", sagte er.

"Ich appelliere an die zuständigen Landesbehörden, Anträge für eine Berufserlaubnis schnell zu prüfen." Das helfe den betroffenen Ärzten aus der Ukraine, so der Ärztepräsident.

Foto: Krankenhausflur (über dts Nachrichtenagentur)

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