Nürnberg - Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat Asylentscheidungen für Tausende Flüchtlinge auf Eis gelegt, die bereits in Griechenland einen internationalen Schutzstatus erhalten und dennoch in Deutschland Asyl beantragt hatten. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums (BMI) auf Nachfrage den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Das Zurückstellen der Asylentscheide gilt demnach bereits seit Ende 2019. Mittlerweile (Stand: 27. Januar) sind laut Innenministerium 3.420 Asylverfahren gestoppt, insgesamt betrifft das 8.252 Flüchtlinge. Die Zahl steigt stark an. Noch im vergangenen Sommer waren nur Asylverfahren von gut 700 Personen dieser Gruppe beim BAMF anhängig. Laut Bundesinnenministerium hat das Bundesamt die Asylentscheidungen von Personen, denen bereits in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt wurde, schon ab dem 23. Dezember 2019 rückpriorisiert, weil die Antragsteller bereits über europäische Aufenthaltstitel und Schutzstatus verfügten, "und aus aufenthaltsrechtlicher Sicht dadurch privilegiert sind", so die Sprecherin.

Dieser "Entscheidungsstopp" betrifft Personen, die bereits in Griechenland von den dortigen Behörden einen internationalen Schutzstatus als Flüchtling zugesprochen bekommen hatten und dennoch nach Deutschland weitergereist waren, um hier Asyl zu beantragen. Wer in Griechenland anerkannter Flüchtling ist, kann mit Hilfe eines Reisedokuments legal im europäischen Schengen-Raum für einen Kurzaufenthalt reisen, somit auch per Flugzeug von Griechenland nach Deutschland. Nach Informationen der Funke-Zeitungen registrieren die Behörden vor allem seit dem vergangenen Sommer einen deutlichen Anstieg der Einreisen von bereits in Griechenland anerkannten Flüchtlingen nach Deutschland. So waren laut BMI Ende Mai 2020 erst 298 Verfahren zu insgesamt 724 Personen beim BAMF anhängig.

Erst kürzlich hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass Asylanträge von in Griechenland anerkannten Flüchtlingen "grundsätzlich nicht als unzulässig abgelehnt werden", da eine menschenwürdige Unterbringung der Menschen in Griechenland nicht garantiert werden könne. Es bestehe die Gefahr, dass im Falle der Abschiebung in Griechenland "elementarste Bedürfnisse" wie "Bett, Brot, Seife" fehlen würden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zuvor die Asylanträge eines Eritreers und Palästinensers aus Syrien abgelehnt, weil die Kläger bereits in Griechenland einen internationalen Schutzstatus erhalten hatten, aber dennoch nach Deutschland weitergezogen waren. Sie sollten zurück nach Griechenland abgeschoben werden.

Das Gericht in Münster hatte keine Revision der Entscheidung zugelassen. Dagegen will das BAMF nun offenbar Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Immer wieder sorgen die Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern wie auf der Insel Lesbos europaweit für Schlagzeilen. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe.

Foto: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (über dts Nachrichtenagentur)

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