Berlin - Im Zuge des von Russland und der Türkei ausgehandelten Waffenstillstandsabkommens in Berg-Karabach warnen deutsche Außenpolitiker vor den Folgen europäischer Handlungsunfähigkeit. In dem über Jahrzehnte eingefrorenen Konflikt hätten die Vereinten Nationen und auch die OSZE zu wenig für eine dauerhafte Friedenslösung unternommen, sagte der außenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Jürgen Hardt, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben). "Die jüngste Entwicklung muss aber auch ein Weckruf für die EU sein. Die EU ist viel mehr als vor zehn oder zwanzig Jahren gefragt, für Stabilität in der eigenen Nachbarschaft zu sorgen", so der CDU-Politiker.

Die OSZE hätte früher handeln müssen – mithilfe der EU. "Ein Bergkarabach-Szenario wie in den letzten Wochen darf es im OSZE-Raum in Zukunft nicht erneut geben", mahnte Hardt. Auf der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin beklagte Europas Handlungsunfähigkeit. Zwar unterscheide sich Russlands Vorgehen im lange Zeit eingefrorenen Berg-Karabach-Konflikt von seiner Aggression in der Ukraine. "Trotzdem ist wieder einmal in Europas unmittelbarer Nachbarschaft die Verschiebung von Grenzen und Einflusssphären mit Waffengewalt durchgesetzt worden, ohne dass die EU auch nur ansatzweise etwas dagegen tun konnte", sagte Trittin. "Mit Aserbaidschans Präsident Alijew und dem türkischen Präsidenten Erdogan traten Autokraten als Aggressoren an, deren Vorgehen von den europäischen Staaten, darunter Deutschland, mindestens geduldet wurde", so der Grünen-Politiker. Wegen Europas Passivität habe Russland die Rolle des Friedensstifters spielen können. "Wladimir Putin hat klargemacht, dass Russland die vorherrschende Macht im Kaukasus ist. Die EU hat hier nichts mehr zu melden", so Trittin.

Foto: Jürgen Hardt (über dts Nachrichtenagentur)

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