Berlin - Das Bundesgesundheitsministerium hat den am Mittwoch angeschriebenen Unternehmen offenbar nur eine Frist bis Montag gelassen, ein Angebot für die Entwicklung eines Impfnachweises einzusenden. Das berichtet die "Welt" (Samstagausgabe) unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Auf Anfrage der "Welt" erklärte die Deutsche Telekom, sie werde sich fristgerecht mit einem Angebot beteiligen. Sobald die Bundesregierung einen fälschungssicheren digitalen Corona-Impfnachweis entwickeln lässt, könnte daraus eine verfassungsrechtliche Pflicht resultieren, die Einschränkungen von Freiheitsrechten Geimpfter aufzuheben. "Wenn einerseits die Risikogruppen geimpft sind und andererseits die Impfung die Infektiosität hochgradig senkt, lässt sich die Begrenzung der Freiheitsrechte der Geimpften kaum noch begründen", sagte Steffen Augsberg, Verfassungsrechtsexperte an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie Mitglied des Deutschen Ethikrates, der "Welt". Mit dem Impfausweis könne man die Gruppen klar abgrenzen, damit sei dem Infektionsschutz Genüge getan.

"Impfausweise sind sinnvollerweise nur Teil einer breiteren Anstrengung, die insbesondere zusätzliche Tests mit einbezieht. Einen Anspruch darauf, dass alle gemeinsam möglichst lange in Beschränkungen verharren, gibt es aber nicht." Zudem, gibt der Ethik-Experte zu bedenken, würden die Ungeimpften nicht dadurch benachteiligt, dass die Geimpften wieder ins Theater oder in die Kneipe gehen könnten. "Im Gegenteil: Als Gesellschaft profitieren wir davon."

Er rechnet deswegen damit, dass Geimpfte per Klage gegen die Einschränkungen vorgehen werden. "Die Leute werden sich das nicht länger gefallen lassen - und sie dürften mit solchen Klagen gute Chancen haben." Augsberg kritisiert, dass die Bundesregierung vor diesem Hintergrund erst jetzt die Entwicklung eines forciere: "Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte das Bundesgesundheitsministerium den Ethikrat gebeten, sich mit einem Immunitätsnachweis zu beschäftigen", sagte Augsberg. "Spätestens seit dem Sommer konnte man davon ausgehen, dass ein fälschungssicherer Impfnachweis nötig wird. Vor diesem Hintergrund ist mir die Zurückhaltung der Bundesregierung dazu relativ unverständlich, insbesondere wenn man die verfassungsrechtliche Seite betrachtet."

Foto: Bundesgesundheitsministerium (über dts Nachrichtenagentur)

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