Berlin - Die Bundesregierung hat noch keine konkreten Programme zur Aufnahme russischer Oppositioneller in Deutschland geschaffen. Dazu stimmten sich die einzelnen Ressorts zurzeit noch ab, sagte eine Sprecherin von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitagausgaben).
"Jede ausländische Person, die sich in Deutschland befindet, hat grundsätzlich die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüft in jedem Einzelfall ergebnisoffen, ob die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung, Zuerkennung von internationalem Schutz und/oder von Abschiebungsverboten vorliegen", so die Sprecherin. Dies gelte auch für Asylanträge von Personen, die sich auf eine Kriegsdienstverweigerung beziehungsweise Desertion beriefen. Der deutsche Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky (Grüne) kritisierte, dass es noch keinen flexiblen Aufenthaltsstatus für russische Oppositionelle im deutschen Exil gibt. Russen, die nach Deutschland wollten, bekämen nur ein Visum für drei Monate. "Andere Länder der Europäischen Union sind da viel weiter", sagte Lagodinsky dem RND. "Die Tschechische Republik etwa bietet Journalisten aus Russland eine mehrjährige Perspektive. Die Litauer machen Ähnliches, die Polen auch. Das Bundesinnenministerium müsste sich diesen Vorbildern anschließen", sagte er. "Es handelt sich ja um Menschen, die auch von hier aus zum Wohle der Demokratie und gegen den Krieg arbeiten und aktiv sein wollen. Man sollte sie nicht in Verfahren zwingen, in denen sie etwa nicht arbeiten oder nicht ihre Region nicht verlassen dürfen. Sie brauchen einen flexiblen Status." Berlin habe die Chance, "ein Zentrum der russischen Opposition zu werden", sagte Lagodinsky. "Es gibt russische Medien, die sich hier ansiedeln wollen. Aber dazu gehört auch, dass diese Leute einen legalen Status und politische Unterstützung bekommen." Zudem müssten Russen im Exil auch an ihre durch die Sanktionen gesperrten Konten herankommen. Die Moskauer Politikwissenschaftlerin Ekaterina Schulmann lebt und arbeitet seit vier Wochen als Stipendiatin der Robert-Bosch-Stiftung in Berlin.
Sie fordert, russische Oppositionelle in Deutschland zu unterstützen. "Man sollte das Wissen nutzen, dass diese Menschen aus Russland mitbringen", sagte sie dem RND. "Das sind Soziologen, Politikwissenschaftler, Wirtschaftsanalytiker, Menschen, die sich seit Jahrzehnten mit Russland beschäftigen und nun in ihrem Heimatland nicht mehr als Fachleute arbeiten können. Dieses Wissen könnte auch in Deutschland nützlich sein, um besser zu verstehen, was in Russland geschieht." Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Mittwoch im Anschluss an die Kabinettsklausur in Meseberg gesagt, neben Geflüchteten aus der Ukraine seien auch Geflüchtete aus Russland willkommen.
Er verwies dabei unter anderem auf den zunehmenden Fachkräftemangel in Deutschland.
Foto: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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