Berlin - Nach gewaltsamen Übergriffen gegen Polizisten bei Corona-Demonstrationen befürchten die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP eine Unterwanderung durch Rechtsextreme. "Die fortschreitende Radikalisierung einer kleinen Minderheit gilt es mit absoluter Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden zu begegnen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese in der "Welt".

"Wir erleben den organisierten Versuch, zu spalten und zu hetzen." Fraktionsvize Konstantin von Notz (Grüne) hält die zunehmende Radikalisierung der Proteste und die voranschreitende Vernetzung von rechten Gruppierungen für "mehr als beängstigend". Zu lange seien Reichsbürger und sogenannte Querdenker als harmlos abgetan worden. "Wir müssen uns als Demokratie entschlossen aufstellen", so von Notz.

Auch der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle warnt vor einer gezielten Unterwanderung friedlicher Corona-Proteste. "Jeder Einzelne hat eine Verantwortung, sich von militanten Gruppen fernzuhalten." Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), fordert die konsequente Ahndung von Einschüchterungsversuchen oder Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. "Der Staat darf in dieser Situation keinesfalls als schwach erscheinen."

Die Rechts- und Innenexpertin der Linken, Martina Renner, moniert ein zu spätes und zögerliches Handeln von Politik und Behörden: "Bis heute gibt es keine systematische Erfassung von Straftaten im Zusammenhang mit der Querdenken-Szene und auch keine adäquate Gefährdungsanalyse." Gottfried Curio, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, wirft der Regierung vor, lediglich vom eigenen Versagen ablenken zu wollen. "Die Erfindung von extremistischer `Unterwanderung` ist eine Standarderzählung zur Diskreditierung von Protestbewegungen." Heiko Teggatz, Vize-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, fordert: "Die Ampel-Koalition muss Anti-Corona-Proteste, die zu Gewalt führen, klar unterbinden und bei Hinweisen auf Gewalttaten vorab bereits im Vorfeld unterbinden."

Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei warnt: "Bei diesen Protesten stehen die Beamten nicht mehr extremistischen Flügeln gegenüber, sondern Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Uns droht eine Spaltung dieser Gesellschaft."

Foto: Corona-Protest am 18.11.2020 (über dts Nachrichtenagentur)

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