Berlin - Die Corona-Pandemie trifft vor allem die unteren Einkommensschichten. Das geht aus dem Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung hervor, über den die "Süddeutsche Zeitung" (Freitagausgabe) berichtet.
Demnach mussten bis Ende August 2020 bereits 15,5 Millionen Haushalte in Deutschland Einkommenseinbußen hinnehmen. Darunter zu leiden hatten laut dem Regierungsbericht vor allem "Gering- und Normalverdiener". Teilt man die Bevölkerung in fünf gleichgroße Teile, so berichteten gut 30 Prozent der Befragten im untersten Fünftel von Problemen bei der Deckung der laufenden Ausgaben. Besonders betroffen seien Selbständige.
Die mit der Pandemie verbundenen Einkommensrisiken seien "in den unteren Einkommensbereichen größer", heißt es in der Analyse, auch weil diese Menschen "wenig Rücklagen oder andere finanzielle Spielräume" haben. Auch auf dem Jobmarkt trifft die Pandemie die Schwächeren in der Gesellschaft härter: Wer eine geringere Qualifikation habe, habe ein größeres Risiko, seinen Job zu verlieren. "Die bereits vorher großen Herausforderungen, Langzeitarbeitslose und die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommenen Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, dürften sich somit verstärkt haben", steht in der Regierungsanalyse. Der bislang fast 500 Seiten starke Bericht mit dem Titel "Lebenslagen in Deutschland", den das Bundesarbeitsministerium alle vier Jahre vorlegt, ist noch ein Entwurf.
Er wird derzeit von anderen Ressorts ergänzt, enthält aber schon jetzt Zündstoff für die kommenden Wahlen. So stellt die Bundesregierung zum Thema Aufstiegsmobilität in Deutschland selbstkritisch fest: "Dass aus der `Armut` heraus nur in geringem Umfang Aufstiege in die `Untere Mitte` oder gar in Lagen darüber hinaus gelangen, zeigt die hohe Brisanz dieser verfestigten Lage." Die Aufstiegschancen aus "Armut", "Prekarität" und der "Unteren Mitte" seien "seit Beginn der 1990er bis Anfang der 2000er Jahre deutlich zurückgegangen, um seitdem auf niedrigem Niveau zu verbleiben". Die Regierung spricht von einer Stärkung der Ränder der Verteilung.
Demnach verliert die "Mitte" an Größe, weil aus dieser Gruppe konstant immer wieder Menschen den Sprung nach oben schaffen, während aus den unteren Lagen weniger Personen nachkommen. Wie schon in den früheren Armuts- und Reichtumsberichten enthält die Regierungsanalyse auch Aussagen zu der Frage, wie die Vermögen in Deutschland verteilt sind. "Betrachtet man die Haushalte nach der Höhe des Vermögens, entfielen auf die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung rund ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinten." Über ein hohes individuelles Vermögen ab 500.000 Euro verfügten den Angaben nach 3,8 Prozent der Bevölkerung. Im Durchschnitt sei das durchschnittliche Bruttovermögen der privaten Haushalte (vor Abzug von Schulden) deutlich gestiegen, von 144.000 Euro im Jahr 2008 auf 194.000 Euro im Jahr 2018.
Nach wie vor gibt es aber große Unterschiede, so die Regierungsanalyse. Demnach wird das Bruttovermögen von Männern mit 145.000 Euro angegeben, bei Frauen sind es 104.000 Euro. Jeder neunte Haushalt gab an, über keinerlei Bruttovermögen zu verfügen. Die Hälfte der Haushalte erreichte nur ein Vermögen von knapp 50.000 Euro.
Immobilien machten mit 70 Prozent den Großteil der Vermögen aus. Hier schlägt sich der gestiegene Wert vieler Wohnungen und Häuser nieder.
Foto: Bettlerin (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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