Berlin - Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat der Einschätzung widersprochen, wonach durch Corona nur eine Minderheit der Unternehmen von Überschuldung bedroht sei. "Die Bundesregierung unterschätzt das Risiko von Insolvenzen und Überschuldungen für Unternehmen", sagte er dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe).
Sie brauche eine Strategie, wie sie mit einem Anstieg von Insolvenzen und Unternehmensschließungen umgehen wolle. "Die Frage ist nicht ob, sondern lediglich wann und wie stark ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in den kommenden zwei Jahren sein wird, denn die Hilfen und die Kreditgarantien durch den Staat werden nicht ewig aufrechterhalten werden können", gab der DIW-Chef zu bedenken. Vor allem viele Unternehmen in den konsumnahen Dienstleistungen würden realisieren, dass die Menschen durch die Pandemie ihr Verhalten permanent verändert hätten. Die rückläufige Zahl an Insolvenzen, obwohl die Wirtschaft eingebrochen ist und viele Unternehmen erhebliche Umsatzeinbußen erlitten haben, führt Fratzscher auch auf Corona-Ausnahmeregeln wie die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zurück.
Die gelockerten Insolvenzregeln sei wichtiger für die Verhinderung einer Welle von Unternehmensinsolvenzen gewesen als die Wirtschaftshilfen, so der Ökonom. Infolge der Krise würden sich aber nun viele Unternehmen auf neue Geschäftsmodelle einstellen müssen. Dabei müssten sie große Investitionen stemmen, um die digitale Transformation erfolgreich zu bewältigen. "Hierzu brauchen Unternehmen, vor allem im Mittelstand, eine Strategie und Unterstützung durch die Bundesregierung", sagte der DIW-Chef.
Foto: Wegen Coronakrise geschlossener Laden (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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