Berlin - Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat die Hilfen für die vom Teil-Lockdown betroffenen Unternehmen kritisiert. "Herr Scholz und Herr Altmaier haben damit schnell reagiert, das war gut", sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. "Insgesamt ist aber die Gefahr groß, dass dies einen Präzedenzfall schafft und für die Bundesregierung kaum zu stemmen sein wird."

Konkret sollte der Staat den betroffenen Firmen bei etwaigen weiteren Lockdowns lediglich ihre Aufwendungen erstatten - und nicht ihre Erlöse. "Der Staat kann die Umsätze von Unternehmen nicht dauerhaft ersetzen", sagte der DIW-Chef. Es gehe nicht darum, den Firmen Gewinne zu ermöglichen. "Besser wäre es, den Unternehmen zu helfen, und ihre Kosten zu ersetzen." Fratzscher geht davon aus, dass die jetzigen Wirtschaftsprognosen zu optimistisch sind. "Wir haben die Risiken unterschätzt. Alle Prognosen haben mit der Annahme gearbeitet, dass es keine zweite Welle und damit verbundene Restriktionen gibt." Der Volkswirt rechnet damit, dass das Vor-Krisen-Niveau erst nach 2021 erreicht sein wird. "Ich halte es inzwischen für wahrscheinlicher, dass es sogar noch länger dauern kann, bis die Wirtschaft sich wieder komplett erholt hat. Womöglich ist es erst Mitte des Jahres 2022 oder später so weit." Zu den jüngst aufgenommenen Schulden sagte Fratzscher: "Nach der Krise müssen die Staatsschulden definitiv wieder reduziert werden." Um das zu erreichen, sei eine umfassende Reform des Steuersystems nötig. "Der Staat wird sich nicht durch einen weiteren Wirtschaftsboom sanieren können. Wir brauchen eine grundlegende Steuerreform", so der DIW-Chef. Man brauche grundsätzlich eine stärkere Besteuerung von Vermögen und eine Entlastung von mittleren und geringen Arbeitseinkommen.

Foto: Wegen Corona geschlossene Theaterkasse (über dts Nachrichtenagentur)

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