Essen - Zum Sondertreffen der EU-Energieminister hat der Eon-Vorstandsvorsitzende Leonhard Birnbaum vor einem Auseinanderbrechen des europäischen Energiemarktes gewarnt. "Wenn es zum Notfall kommt, muss die Solidarität halten. Wir sollten tunlichst vermeiden, dass dasselbe passiert wie bei den Corona-Masken und jedes Land nur an seine eigenen Interessen denkt", sagte Birnbaum der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe).

Dazu brauche es neben den nationalen Notfallplänen unbedingt auch eine bessere europäische Abstimmung. Birnbaum sieht die Gefahr, dass sonst die "Türen zugemacht werden, und dann hätten wir plötzlich keinen europäischen Gasmarkt mehr - und die europäische Solidarität wäre dahin". Die Situation sei ernst, man müsse sich auf eine mögliche Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereiten.

"Wir müssen zu jedem Zeitpunkt mit einem Lieferstopp rechnen. Ob das im Mai sein wird oder im Herbst, ist dabei fast egal", sagte er. Der Ampel-Koalition wirft Birnbaum vor, zu wenig politische Unterstützung für den Ausbau der Energienetze und damit den Zeitplan für die Energiewende zu gefährden. Im Osterpaket der Bundesregierung sei das Thema Infrastruktur "einfach in das nächste Jahr verschoben worden", sagte Birnbaum der FAZ. "Doch die Infrastruktur auszublenden, ist ein Kardinalfehler".

An den Leitungen und der Technik für den Anschluss von Windrädern und Solaranlagen werde sich entscheiden, ob die Energiewende gelingt. "Wenn sich diese Einsicht nicht rasch durchsetzt, laufen wir in einen Engpass", sagte Birnbaum. Aber es fehle an der Bereitschaft, sich auf harte Abwägungsentscheidungen einzulassen. "Flapsig formuliert: Wir diskutieren jetzt über geringere Abstände zur Wohnbebauung, aber dafür führen wir Fünf-Kilometer-Regeln um jedes Vogelnest ein", kritisierte Birnbaum.

"Die Politik muss klarer darüber werden, was die Prioritäten sind".

Foto: Eon-Logo (über dts Nachrichtenagentur)

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