Brüssel - Die EU-Kommission will den Schutz von Kindern im Internet künftig deutlich verbessern. "Ich werde in den kommenden Monaten eine Gesetzgebung vorschlagen, die Unternehmen verpflichtet, den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen, zu melden und zu entfernen", sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der "Welt am Sonntag".

Eine freiwillige Meldung werde dann nicht mehr ausreichen. Diese Verpflichtung werde vor allem die großen Internetunternehmen betreffen. "Fünf Unternehmen sind verantwortlich für 99 Prozent der Meldungen", sagte sie. Hintergrund: Bisher ist es den Internetanbietern freigestellt, ob sie gegen sexuellen Missbrauch im Internet vorgehen.

Rechtsgrundlage dafür ist eine EU-Verordnung. Der Kampf gegen den Missbrauch Minderjähriger muss nach Ansicht der EU-Kommission künftig auch koordiniert geführt werden. Johansson: "Wir müssen in der Lage sein, europaweit und global zusammenzuarbeiten. Ich sehe einen großen Bedarf für ein spezielles EU-Zentrum, um den sexuellen Missbrauch von Kindern vorzubeugen und zu bekämpfen."

Ein solches Zentrum würde es ermöglichen, sowohl die Prävention, die Strafverfolgung als auch die Unterstützung von Opfern ständig zu verbessern, sagte die Sozialdemokratin aus Schweden. Die EU-Kommissarin begründete ihre Forderung nach einer Melde- und Löschungspflicht von kinderpornografischen Inhalten auch mit neueren Entwicklungen: "Während der Pandemie, wo sich mehr Täter isoliert zu Hause aufgehalten haben, ist die Nachfrage nach Material mit Darstellungen sexuellen Kindermissbrauchs angestiegen, in einigen EU-Mitgliedsländern sogar um bis zu 25 Prozent. Das führt umgekehrt zu neuem Missbrauch." Johansson sagte, dass allein im Jahr 2020 Internetanbieter und soziale Netzwerke 22 Millionen (freiwillige) Meldungen verschickt hätten, 2019 seien es 17 Millionen Meldungen gewesen.

Das sei aber nur "ein Bruchteil" der begangenen Straftaten. "Die Opfer von sexuellem Missbrauch (im Internet) werden immer jünger. Im Durchschnitt sind die Kinder 12 Jahre alt, wenn sie erstmals im Zusammenhang mit explizit sexuellen Inhalten online gezeigt werden", so Johansson. "Es gibt Beweise, dass der Missbrauch immer extremer wird", sagte sie weiter.

Datenschutz und Verschlüsselung im Internet seien prinzipiell wichtig: "Aber der Fokus muss in erster Linie auf dem Schutz der Kinder liegen." Es gehe darum, ihr Recht auf physische Unversehrtheit, auf Sicherheit im Internet und auf ihre Privatsphäre zu schützen. Das Verbrechen eines sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet führe allzu häufig zu einem "multiplen Trauma" für die Überlebenden.

Foto: Tastatur (über dts Nachrichtenagentur)

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