Berlin - Vor den Sondierungsgesprächen mit CDU und CSU macht der FDP-Vorsitzende Christian Lindner Druck auf die Union. "CDU und CSU müssen klären, ob sie wirklich eine Regierung führen wollen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Und weiter: "Manche Wortmeldung der CDU spekuliert ja, dass erst Verhandlungen mit der SPD scheitern sollen, bevor die Union wieder ins Spiel kommt." Das könne man dem Land nicht zumuten. "Wir sind zu ernsthaften Gesprächen mit der Union bereit und erhoffen uns umgekehrt dasselbe." Lindner fügte hinzu: "Klar ist: Unsere Überschneidungen sind mit den Unionsparteien größer als mit der SPD." Zugleich forderte Lindner Tempo bei den Verhandlungen und einen Abschluss der Koalitionsgespräche deutlich vor Weihnachten: "Die FDP will eine zügige Regierungsbildung bis Mitte Dezember. Die Welt wartet nicht auf uns. Und wir haben zudem Handlungsbedarf in der Wirtschaft. Damit wir aus der Corona-Rezession besser herauswachsen, sollte es ein Super-Abschreibungsprogramm für Investitionen geben."

In den Verhandlungen mit den anderen Parteien gibt es für die FDP laut Lindner zwei rote Linien - die Einhaltung der Schuldenbremse und den Verzicht auf Steuererhöhungen: "Im Höchst-Steuerland Deutschland wären Steuererhöhungen schädlich für die Erholung nach der Pandemie. Ich habe vor der Wahl gesagt, dass wir nicht alle Entlastungsideen sofort umsetzen werden. Entscheidend ist der Trendwechsel, nach einem Jahrzehnt der Belastung bei Steuern und Bürokratie in ein Jahrzehnt der Entlastung zu wechseln", so Lindner. Die Schuldenbremse im Grundgesetz müsse bleiben.

"Grüne und FDP wollen mehr für Kinder und Bildung tun." Dafür will Lindner "überflüssige Subventionen" streichen. "Die Automobilindustrie etwa ist in exzellenter Verfassung - die brauchen keine Milliardensubventionen für Elektroautos. Die Staatsbeteiligungen an der Telekom und anderen kann man zudem als Hebel nutzen, um Investitionen anzustoßen."

Mit Blick auf mögliche Koalitionen sagte der Liberale zum Kurs seiner Partei: "Jede Koalition ist ein Geben und Nehmen." Entscheidend sei nicht die Einzelfrage, sondern die Regierungspolitik insgesamt. "Mit der FDP wird unser Land nicht nach links driften, sondern nach vorn gehen. Die Mitte kann auf die FDP vertrauen."

Der FDP-Vorsitzende sieht bei seiner Partei und den Grünen einen Erneuerungsauftrag für Deutschland: "Grüne und FDP trennt manches. Aber uns verbindet, dass wir uns aus unterschiedlichen Perspektiven gegen den Status quo gewendet haben. Beide Parteien haben beste Ergebnisse bei Jungwählern. Wir fühlen uns beauftragt, einen Erneuerungsimpuls zu schaffen."

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bekannte sich unterdessen vor den Sondierungsgesprächen in Berlin zum Willen der Bildung einer Jamaika-Koalition. "Wir gehen mit großem Verantwortungsbewusstsein in die Gespräche mit FDP und Grünen", sagte er der "Bild am Sonntag". "Wir wollen unseren Beitrag in einem neuen Zukunftsbündnis dazu leisten, dass etwas Neues für unser Land entsteht." Unterdessen wächst in der CDU-Basis die Wut auf die Parteiführung. Der aus dem Bundestag ausgeschiedene hessische Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer (CDU) gab Armin Laschet die Hauptschuld für die Wahlschlappe der Union. "Mit einem Kandidaten, für den die eigene Partei nicht brennt und den kaum jemand für kanzlertauglich hält, hatten wir im Wahlkampf ein Problem", sagte Irmer der "Bild am Sonntag". "Die Nominierung Laschets zum Spitzenkandidaten der Union war eine historische Fehlentscheidung von Präsidium und Vorstand."

Foto: CDU-Logo (über dts Nachrichtenagentur)

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