Berlin - Anders als in den USA haben die pandemiebedingten Verwerfungen in Deutschland nicht zu einer höheren Wechselbereitschaft von Beschäftigten geführt. "Das ganz große Stühlerücken fand im deutschen Arbeitsmarkt während der Coronakrise nicht statt", sagte Enzo Weber, Ökonom am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem "Spiegel".
Aus Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) gehe hervor, dass im Jahr nach Beginn der Krise sogar weniger Beschäftigungsverhältnisse beendet worden seien als im gleichen Zeitraum zuvor. Auch eine vermehrte Neuorientierung von Beschäftigten hin zu anderen Berufen sei nicht zu verzeichnen. "Wenn Arbeitslose in neue Jobs kamen, kehrten sie sogar etwas häufiger in den zuvor ausgeübten Beruf zurück", sagte Weber, der die BA-Daten gemeinsam mit dem IAB-Ökonom Christof Röttger ausgewertet hat. Konkret fanden von Mitte März 2019 bis Mitte März 2020 - also dem Jahr exakt vor der Krise - 55 Prozent der Arbeitslosen in dem zuvor ausgeübten Beruf eine neue Arbeit, von März 2020 bis März 2021 waren es 56 Prozent.
Die Forscher werten das als Hinweis darauf, dass die Beschäftigten in Deutschland einen Jobwechsel in der Krise als riskant einschätzten, zudem dürften die erheblich ausgeweiteten Kurzarbeitsregeln ihnen signalisiert haben, dass auch betroffene Arbeitsplätze durch die Krise hindurch erhalten werden. Größere Verschiebungen gab es allerdings in den von den Shutdowns besonders betroffenen Branchen. So fanden etwa Arbeitslose, die zuvor im Gastgewerbe tätig waren, deutlich seltener einen neuen Job in ihrem früheren Beruf als in der Zeit vor der Pandemie. Im ersten Quartal 2020 traf das noch auf 57 Prozent von ihnen zu, im ersten Quartal 2021 nur noch auf 31 Prozent.
Gleichzeitig wechselten sie häufiger in Jobs im Gesundheitsbereich, etwa in Test- oder Impfzentren. Ähnliche Effekte zeigen sich für Arbeitslose, die zuvor im Handel beschäftigt waren.
Foto: Schreibtisch (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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