Berlin - Angesichts immer massiver vorgebrachter Forderungen der US-Regierung, den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 abzubrechen, bringen nun Bundestagsabgeordnete der Großen Koalition Alternativvorschläge zur geplanten Inbetriebnahme ins Gespräch. Das berichtet die "Welt" (Freitagsausgabe).

"Wir brauchen eine für alle Seiten gesichtswahrende Lösung, ein Moratorium könnte eine solche sein", sagte der CDU-Bundesabgeordnete Roderich Kiesewetter der Zeitung. "Ein Moratorium wäre ein Zeichen an die russische Regierung, dass wir Fälle wie die Inhaftierung Alexei Nawalnys, das Vorgehen der Russen im Osten der Ukraine oder die Annexion der Krim nicht einfach hinnehmen", so Kiesewetter. Er sieht allerdings auch das Problem einer solchen Lösung: "Klar ist, dass es ein solches Moratorium nicht zum Nulltarif gibt, die Folge wären Vertragsstrafen, für die der Bund einstehen sollte." Das könnte für die Steuerzahler teuer werden, daher hat Kiesewetter einen weiteren Vorschlag: "Eine Alternative zu einem Moratorium könnte sein, dass man die Erdgaspipeline zwar fertigstellt, dann aber kein russisches Gas bezieht, bis die offenen außenpolitischen Fragen geklärt sind, also eine Art Abschaltmechanismus."

Bei dieser Lösung würde man auch nicht unter Zeitdruck geraten. "Der entsteht nur, wenn man einen Bauabbruch anstrebt", sagte Kiesewetter. "Außerdem wäre der Staat in diesem Fall auch nicht mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert, die im Fall eines Moratoriums unweigerlich drohen würden. Bei Auflagen für den Betrieb, sollten sie außenpolitisch motiviert sein, könnten wir uns auf das Sanktionsrecht berufen."

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, sagte unterdessen: "Ich sehe nicht, dass man das Projekt jetzt, so kurz vor der Fertigstellung, noch stoppen kann. Außerdem ist es fraglich, ob man dafür in kurzer Zeit politische Mehrheiten organisieren könnte. Möglich wäre aber, den Betrieb von Nord Stream 2 an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Darüber sollten wir reden."

Schmid schlägt vor, zunächst die Absichten der US-Regierung auszuloten und sich mit ihr zu verständigen, "ob wir überhaupt Energiepolitik als Sanktionswerkzeug gegenüber Russland einsetzen wollen und welche Ziele wir damit verfolgen, wenn wir Nord Stream II jetzt bremsen". Nötig sei ein Gesamtkonzept. "Sich jetzt allein auf Nord Stream zu konzentrieren, um Druck auf den Kreml zu machen, ist vermutlich wenig wirksam und nicht redlich seitens der Amerikaner", so Schmid. "Denn die kaufen gleichzeitig große Mengen Öl in Russland."

Foto: Castoro 10 beim Bau von Nord Stream 2 (über dts Nachrichtenagentur)

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