Berlin - Die Grünen haben sich gegen den Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell ausgesprochen, eine diplomatische Vertretung der EU in Kabul zu eröffnen. Eine solche Vertretung komme einer offiziellen Anerkennung der Taliban "gefährlich nahe", sagte der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour der "Welt" (Donnerstagausgabe).

Die Bundesregierung müsse ein deutliches Zeichen setzen, dass sie die Taliban nicht anerkenne. "Worauf warten wir denn noch", sagte Nouripour mit Blick auf Berichte über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch die Islamisten. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte, wie auch die EU, als Bedingung für weitere Verhandlungen mit den Taliban und auch für die Zahlung von Hilfsgeldern die Einhaltung der Menschenrechte, eine Abgrenzung von Terrorgruppen sowie eine Einbindung weiterer gesellschaftlicher Gruppen in die Regierung festgelegt. "Davon ist nichts eingelöst worden, die Taliban sind völlig unglaubwürdig", sagte Nouripour.

Natürlich müsse eine drohende Hungersnot verhindert werden, Nothilfe über die Vereinten Nationen geleistet werden. "Aber wir dürfen nicht weiter über finanzielle Anreize diskutieren, sondern müssen klare Ansagen machen." Seit Machtübernahme der Taliban hat die EU mehr als 670 Millionen Euro an Hilfen zugesagt. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sieht zwar "wenig Hoffnung" auf eine gemäßigte Politik der Taliban, befürwortet aber "eine kleine Präsenz" des Auswärtigen Dienstes der EU in Kabul.

Auch, um die Versorgung der Menschen mit Grundnahrungsmitteln und medizinischen Basishilfen zu sichern. Die jüngsten Äußerungen des EU-Außenbeauftragten Borrell kritisierte Lambsdorff aber als "nicht abgestimmt." Es brauche nun dringend einen EU-Gipfel, um weitere Schritte zu koordinieren, so Lambsdorff weiter. In der CDU dagegen zeigt man sich offen für eine EU-Vertretung in Kabul.

Diese könne dann von allen Mitgliedstaaten genutzt werden, sagte Außenexperte Jürgen Hardt der "Welt". "Deutschland ist daran interessiert, Gesprächskanäle zu den Taliban offen zu halten." Hilfsgelder dürften allerdings nicht in korrupten Strukturen versickern, zudem müsse sichergestellt werden, dass von Afghanistan "keine terroristische Bedrohung für die Welt" ausgehe. Hier müsse die EU mit einer Stimme sprechen.

Foto: Afghanistan (über dts Nachrichtenagentur)

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