Berlin - Die Grünen werfen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, seine Begegnungen mit Vertretern der Kohleindustrie nicht offenzulegen. "Ich frage mich, was Olaf Scholz zu verbergen hat", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagausgabe).
Kindler will wissen, warum Scholz an dem "viel zu späten Kohleausstieg" festhält. Er glaubt, dass das auch an einer zu großen Nähe zur Industrie liegen könnte. Deshalb hat der Abgeordnete am 25. August schriftlich zwei Fragen an das Finanzministerium gerichtet. Kindler will Auskunft darüber, wie oft sich Scholz zwischen seinem Amtsantritt im März 2018 und Juli 2021 mit Vertretern der großen deutschen Kohlekraftwerks- und Kohletagebaubetreiber und deren Tochter- und Markenfirmen getroffen hat.
Und er will wissen, wie viele Begegnungen es im selben Zeitraum mit Vertretern der großen Umweltorganisationen gab. Doch auf Antworten auf seine Fragen wartet Kindler bis heute. Dabei hätte das Finanzministerium längst reagieren müssen. Schriftliche Einzelfragen wie die von Kindler, die jeder Abgeordnete stellen kann, müssten "innerhalb einer Woche nach Eingang" beantwortet werden, sagte ein Sprecher von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble der "Süddeutschen Zeitung".
Das sei in der Geschäftsordnung des Parlaments festgelegt. Doch das Finanzministerium hat diese Vorgabe ignoriert. Es hatte Kindler zwar um eine Fristverlängerung bis zum 3. September gebeten. Aber auch diese Frist sei nicht eingehalten worden, klagen die Grünen.
Und eine weitere Bitte um Fristverlängerung habe es nicht gegeben. Er wisse aus dem Ministerium, dass "die Fragen zur Beantwortung im Ministerbüro liegen", sagte Kindler. "Warum weigert sich Olaf Scholz die Antwort an mich rauszugeben", fragte der Grünen-Politiker. Es gehe hier ja "nicht um irgendwas".
Das Parlament und die Öffentlichkeit hätten ein Recht darauf zu erfahren, wie oft sich Scholz mit der Kohleindustrie getroffen habe. "Die Kohlekonzerne sollen Milliarden an Entschädigungszahlungen erhalten", sagte Kindler. Die Berechnungsgrundlage dafür sei "höchst zweifelhaft und begünstigt die Kohleunternehmen". Es sei deshalb wichtig zu erfahren, wie viele Gespräche Scholz "mit der Kohlelobby" dazu geführt habe.
Der Finanzminister dürfe "nicht weiter verschleiern und verzögern, sondern muss jetzt endlich alle Karten auf den Tisch legen". Die Grünen vermuten, dass Scholz - er ist auch Kanzlerkandidat der SPD - nicht vor dem Wahltag antworten will. Das Bundesfinanzministerium teilte der "Süddeutschen Zeitung" mit, es werde "intensiv daran gearbeitet, die Anfragen so zügig wie möglich zu beantworten". Es sei aber "ein hoher Prüfungsaufwand erforderlich, da es um die gesamte Legislaturperiode, mehrere Unternehmen sowie deren `Tochter- und Markenfirmen` geht".
Dies erfordere "hohen Zeitaufwand". Ob die Antworten noch vor dem Wahltag kommen werden, ist damit unklar.
Foto: Finanzministerium (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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