Berlin - Führende Innenpolitiker der Ampel-Fraktionen haben vor den Gefahren möglicher Ausreisen von Rechtsextremisten ins ukrainische Kriegsgebiet gewarnt. "Wenn Rechtsextremisten den völkerrechtswidrigen Angriffskriegskrieg Russlands als Chance begreifen, selbst praktische Kampferfahrung zu sammeln, ist dies zweifellos ein ganz erhebliches Sicherheitsrisiko - unabhängig davon, ob sie auf russischer oder ukrainischer Seite kämpfen", sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), Konstantin von Notz (Grüne), der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe).

"Es muss dringend verhindert werden, dass Rechtsextreme in den Krieg ziehen, um sich an Kriegswaffen ausbilden zu lassen und Praktiken zu erlernen, die sie für die Umsetzung ihrer menschenfeindlichen Ideologien und den bewaffneten Kampf auch in Deutschland nutzen wollen", so der Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Sicherheitsbehörden hätten das Problem offenbar erkannt und würden entsprechend handeln. So sei bereits einigen Extremisten die Ausreise untersagt worden. "Es ist aber dringend notwendig, hier weiter am Ball zu bleiben und entsprechende Bestrebungen und Reisebewegungen rechtsextremer Personen sehr genau im Blick zu behalten", so von Notz.

Um der Gefahr adäquat begegnen zu können, sei es dringend erforderlich, das genaue Ausmaß der Problematik korrekt zu erfassen und sich auch "mit befreundeten Diensten in- und außerhalb Europas über entsprechende Reisebewegungen von Extremisten in das Kampfgebiet auszutauschen", forderte der Grünen-Politiker. Auch der SPD-Innenpolitiker und ebenfalls Mitglied im PKGr, Uli Grötsch, warnte vor den Gefahren. "Ich halte es für durchaus denkbar, dass deutsche Rechtsextremisten im Ukraine-Krieg Kampferfahrung sammeln möchten", sagte Grötsch der "Rheinischen Post". Er halte es für "brandgefährlich", wenn sich deutsche Rechtsextremisten bewaffnen und an einem Krieg beteiligen.

Er wisse dieses Phänomen jedoch bei den deutschen Sicherheitsbehörden in guten Händen. "Meiner Erkenntnis nach ist die Zahl deutscher Rechtsextremisten, die sich im Ausland an Kriegshandlungen beteiligen möchten, überschaubar. Trotzdem ist jeder einzelne eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland", so Grötsch weiter. Die Zahl der Extremisten, die aus Deutschland ins ukrainische Kriegsgebiet ausreisen wollen, war zuletzt weiter gestiegen.

So hat Bundespolizei nach Informationen der "Rheinischen Post" inzwischen Erkenntnisse zu Reiseabsichten von 37 Personen mit extremistischen Bezügen (Stand 28. März). Dabei handelt es sich überwiegend um Rechtsextremisten. Vor zwei Wochen lag die Zahl der Rechtsextremisten mit dem Reiseziel Ukraine nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden noch bei 27, wie das Bundesinnenministerium damals mitteilte. In drei Fällen hat die Bundespolizei die Ausreise der bei der Ausweiskontrolle festgestellten Personen bisher untersagt.

"Sofern die Bundespolizei bei grenzpolizeilichen Ausreisekontrollen Personen erkennt, bei denen der Verdacht besteht, dass Sie sich an irregulären Kampfhandlungen in der Konfliktregion beteiligen wollen oder Extremismuserkenntnisse vorliegen, wird ihnen die Ausreise untersagt", teilte ein Sprecher der Bundespolizei mit. Hierzu werde der für den Grenzübertritt erforderliche Reisepass bzw. Personalausweis sichergestellt und der zuständigen Passbehörde übergeben, die dann eine längerfristige Passentziehung prüfe. "Im Einzelfall werden die Maßnahmen auch mit Meldeauflagen verbunden, damit ein Verbleib der Person im Inland nachvollzogen werden kann", so der Sprecher weiter. Die Bundespolizei verwies zudem auf die Gefahren möglicher Ausreisen von Rechtsextremisten ins ukrainische Kriegsgebiet.

Neben Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit sei immer auch "ein möglicher außenpolitischer Schaden für Deutschland zu befürchten", so der Sprecher. Zudem liege es im Interesse der Sicherheitsbehörden zu verhindern, dass Extremisten durch Auslandsaufenthalte in Krisen- oder Kriegsgebieten "eine intensive Waffenausbildung erhalten, in den Besitz von Waffen(-systeme) gelangen und Kriegserfahrung erlangen", sagte der Sprecher weiter.

Foto: Rechtsextreme (über dts Nachrichtenagentur)

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