Halle (Saale) - Nach Einschätzung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) würde ein Stopp der russischen Gaslieferungen zu einer Rezession der deutschen Wirtschaft führen. Nicht alle Regionen wären davon gleich betroffen, teilte das IWH am Dienstag mit.

Vor allem dort, wo das Verarbeitende Gewerbe ein großes Gewicht habe, würde es einen deutlich stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung als andernorts geben. Sollte es zu einem Stopp für Lieferungen russischen Gases in die Europäische Union kommen, wären diese kurzfristig nicht vollständig zu ersetzen und die Gaspreise würden nochmals stark steigen, so das Institut. Falls die privaten Haushalte und, solange die Vorräte reichen, auch die Unternehmen nicht rationiert werden, dürften ab dem Jahreswechsel 2022/2023 die Speicher aufgezehrt sein. Werde unterstellt, dass die Gasmengen in den einzelnen Industriezweigen im Frühjahr 2023 proportional gekürzt werden, entstünden Wertschöpfungsverluste, die auch auf die übrigen Wirtschaftsbereiche ausstrahlen, so das IWH. Es wäre mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2023 um rund zwei Prozent zu rechnen.

Wie sehr die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland davon betroffen wären, könne anhand der Wirtschaftsstruktur der einzelnen Kreise abgeschätzt werden, denn die Wirtschaftsbereiche würden in unterschiedlichem Ausmaß von der Krise erfasst. Das Verarbeitende Gewerbe sowie die Wirtschaftszweige Bergbau und Energieversorgung wären laut IWH besonders betroffen. Der Anteil der Wirtschaftszweige an der Bruttowertschöpfung ist von Kreis zu Kreis stark unterschiedlich. Werde der Rückgang an Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen proportional zum jeweiligen Anteil der Kreise an der gesamten Wertschöpfung eines Wirtschaftsbereichs auf die Kreise umgelegt, so ergebe sich ein differenziertes Bild, in dem eine große Spreizung deutlich wird.

"Wo das Verarbeitende Gewerbe eine besonders hohe Wertschöpfung erzielt, etwa in etlichen Kreisen und Städten Süddeutschlands, ist mit auch mit besonders hohen Wertschöpfungsverlusten zu rechnen", sagte Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident am IWH. In Ostdeutschland fällt der Wertschöpfungsverlust demnach geringer aus als im Westen, weil das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland mit 14 Prozent ein geringeres Gewicht an der gesamten Wertschöpfung hat als in Westdeutschland (21 Prozent). Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsproduktivität in den Kreisen seien die zu erwartenden Effekte auf die Beschäftigung prozentual nicht identisch mit den zu erwartenden Wertschöpfungsverlusten: "Je geringer die Arbeitsproduktivität ist, desto mehr Erwerbstätige sind von einem bestimmten Wertschöpfungsrückgang betroffen", so Holtemöller.

Foto: IWH - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (über dts Nachrichtenagentur)

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