Berlin - Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) räumt bei der Reaktion der Bundesregierung auf den Vormarsch der Taliban in Afghanistan Fehler ein. "Unsere Lageeinschätzung war falsch, unsere Annahme über die Fähigkeiten und die Bereitschaft zum afghanischen Widerstand gegen die Taliban war zu optimistisch", berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf ein Schreiben der Ministerin.

In dem Brief heißt es, dass Deutschland, aber auch die NATO die Kampfkraft der afghanischen Armee falsch eingeschätzt hätten. Man sei trotz des fast abgeschlossenen Truppenabzugs davon ausgegangen, dass die afghanischen Sicherheitskräfte "dem Druck der Taliban - zumindest in den urbanen Gebieten und insbesondere in der Hauptstadt - standhalten könnten". Die Annahme habe sich innerhalb von wenigen Tagen als falsch erwiesen. "Damit ist das Worst-Case-Szenario deutlich früher als erwartet eingetreten", so Kramp-Karrenbauer.

Eine Teilschuld an der rasanten Abwärtsspirale gibt sie dem früheren US-Präsidenten Donald Trump. Demnach sei beim Start der Gespräche für ein Abkommen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban die Hoffnung gewachsen, "dass der Weg zu einem Frieden zwar lang, aber gangbar sein würde". Dass Trump jedoch einen Deal absegnete, in dem der "weitgehend voraussetzungslose Abzug der amerikanischen Streitkräfte" besiegelt wurde, habe "die Lage entscheidend verändert". Die Ministerin schrieb in dem Brief, ihr Haus habe die Dynamik der Krise früh registriert und gehandelt.

Demnach habe die Bundeswehr bereits am vergangenen Donnerstagabend erfahren, dass die US-Streitkräfte die Evakuierung der US-Botschaft in Kabul starteten. Daraufhin habe die Bundeswehr sofort eine Evakuierung der Deutschen Botschaft geplant. Die frühen Alarmhinweise über den US-Rückzug wurden demnach auch an den Krisenstab weitergegeben. Dort allerdings wurden zunächst eine Reduzierung des Personals an der Botschaft und die Vorbereitung der Evakuierung beschlossen.

Der erste A400M zur Rettung deutscher Staatsbürger startete dann erst am Montagmorgen.

Foto: Annegret Kramp-Karrenbauer (über dts Nachrichtenagentur)

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