Berlin - Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Matthias Kleiner, warnt davor, beim Klimaschutz große Hoffnungen in die Kernfusion zu stecken. Man werde "wie schon bei der Kernspaltung, auch mit der Kernfusion das Dampfzeitalter nicht verlassen", schreibt er in einem Gastbeitrag für die "Zeit".

Selbst wenn wie geplant um das Jahr 2035 der europäische Fusionsreaktor Iter die Leistung eines mittelgroßen Offshore-Windparks erreichen sollte, schließe sich daran letztlich die altbekannte Großtechnik an. Die im Iter erzeugte Wärme solle später genutzt werden, um "schlicht Wasser zu erhitzen, dadurch Dampf zu erzeugen und eine ziemlich konventionelle Turbine zur Stromerzeugung anzutreiben". Kleiner hinterfragt in der "Zeit" auch, wie lange es wohl dauert, bis Fusionskraftwerke "einen signifikanten Anteil des globalen Energieverbrauchs erzeugen" könnten. Kernkraftwerke schätzt er im Vergleich zu erneuerbaren Energien ebenfalls skeptisch ein: "Heute, mit bereits entwickelter Technik, dauert es von der Entscheidung, ein Kernkraftwerk zu bauen, bis zur ersten Stromproduktion etwa 15 bis 20 Jahre, wenn man angesichts der Fragen der Wirtschaftlichkeit dieser Technologie überhaupt so weit kommt. Die gleiche, gesicherte Leistung kann bei erneuerbaren Technologien - vor allem Wind und Solar - jetzt schon nach etwa zwei bis drei Jahren ans Netz gehen."

Der Leibniz-Präsident schreibt weiter, er argumentiere nicht gegen die Erforschung der Kernfusion. "Es ist aber ein Plädoyer für die gute wissenschaftliche Praxis, von Zeit zu Zeit einen Schritt zurückzutreten, um das eigene Handeln, die eigenen Ideen und Pläne kritisch zu reflektieren."

Foto: Strommast (über dts Nachrichtenagentur)

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