Berlin - Das von der Ampel-Koalition am Donnerstag vorgestellte Entlastungspaket ist auf breite Kritik, aber auch etwas Lob gestoßen. So hält zum Beispiel der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) die Maßnahmen für nicht ausreichend.

Es fehle ein angemessener Ausgleich der extrem hohen Gas- und Heizölpreise für Haushalte mit geringem Einkommen, teilte der VZBV mit. Das Entlastungspaket gehe zwar in die richtige Richtung, weil es Verbrauchern kurzfristig helfe und gleichzeitig den Umbau in Richtung Klimaneutralität mit Nachdruck vorantreibe - ausgerechnet für die Menschen, die finanziell ohnehin schwer über die Runden kommen, reiche es aber nicht aus. Der befristete Tankrabatt sei zudem "das Prinzip Gießkanne" und fördere den Verbrauch fossiler Kraftstoffe, was in Zeiten der Klimakrise ein falsches Signal sei. "Zielgenauere und klimafreundlichere Hilfen" für Menschen mit wenig Geld wären hier besser, so die Verbraucherschützer.

Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisierte Teile des von der Ampel-Koalition geplanten Entlastungspakets. Er forderte SPD, Grüne und FDP zu Nachbesserungen auf. Grund ist die geplante Besteuerung der Energiepreis-Pauschale. Sie soll laut Beschluss des Koalitionsausschusses der Einkommenssteuer unterliegen.

"Das bedeutet, dass weniger als die 300 Euro ankommen und unnötig mehr Bürokratie verursacht wird", sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel der "Bild". Die Finanzämter würden mit Steuererklärungen "überflutet". Holznagel forderte die Ampel zu Nachbesserungen auf: "Hier muss die Ampel nachjustieren." Schließlich sollten Millionen Arbeitnehmer nicht in eine Pflichtveranlagung rutschen.

"Die 300 Euro müssen steuerfrei sein." Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigte sich ebenfalls enttäuscht. "Wer die soziale Spaltung überwinden will, muss bei den Ärmsten anfangen, statt mit der Gießkanne alle, sogar den Millionär und Porschefahrer, zu subventionieren", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der "Rheinischen Post". Der angekündigte Spritsteuerrabatt sei eine Entlastung nach Hubraum und nicht nach Bedürftigkeit, und dabei "nicht nur sozial ungerecht und haushaltspolitisch unvernünftig, sondern auch ökologisch kontraproduktiv".

Zwar begrüßte Schneider die vereinbarten Maßnahmen zum Ausstieg aus der fossilen Wärme sowie für die Förderung des Umstiegs auf den ÖPNV - diese seien "gut und richtig": Zugleich aber kritisierte er, dass die Unterstützung, die die Bundesregierung den Ärmsten zugestehe, "viel zu gering" sei. Statt eines Einmalzuschusses hätte es eine klare und deutliche und spürbare dauerhafte Regelsatzerhöhung gebraucht, wie es die Grünen vorgeschlagen hatten. "Für arme Menschen stellen weniger die Sprit- als die allgemeinen Lebenshaltungskosten und insbesondere die explodierenden Lebensmittelpreise ein Problem dar, und hier ist ja nicht davon auszugehen, dass sich die Lage bis zum Herbst entspannt." Schneider forderte weitere Entlastungsschritte.

So müssten die Stromkosten aus dem pauschalen Regelsatz herausgenommen und in voller Höhe von den Jobcentern oder Sozialämtern übernommen werden. Zudem forderte er, dass die Warmmiete als Berechnungsgrundlage für das Wohngeld verbindlich herangezogen werde und der bereits beschlossene Heizkostenzuschuss weiter angehoben wird. Die Pläne der Ampel-Koalition, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll, stoßen ebenfalls auf Kritik. Der Eigentümerverband Haus und Grund hält diese für nicht praktikabel.

Auch wenn es theoretisch ein "guter Ansatz" sei, werde es in den nächsten Jahren nicht zu machen sein, sagte Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dennoch begrüßte Warnecke die geplanten Entlastungsmaßnahmen. Diese würden zielgerichtet helfen. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte das Entlastungspaket dagegen als unzureichend. Es handele sich nur um ein "Entlastungspäckchen", welches zudem "sozial unausgewogen" sei, sagte Bartsch den Funke-Zeitungen. "Es kommt spät und ist vielleicht zu eng befristet." Die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne), hofft unterdessen, dass das drastisch verbilligte ÖPNV-Ticket als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung erst der Anfang für weitere Anreize im Öffentlichen Nahverkehr ist. "Ich hoffe sehr, dass nach diesem ersten Schritt weitere folgen", sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Der ÖPNV sei einer der wichtigsten Faktoren bei der Verkehrswende.

Foto: Zapfsäule (über dts Nachrichtenagentur)

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