Potsdam - Der Potsdamer Medizinethiker Robert Ranisch ist dagegen, geimpfte Corona-Patienten im Fall einer Triage gegenüber ungeimpften systematisch zu bevorzugen. Das sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben).

Diese Frage stehe im Raum, da sich nicht nur das Personal in den Krankenhäusern fragen würde, warum ausgerechnet Ungeimpfte im Fall einer Priorisierung nach medizinischen Kriterien unter Umständen bevorzugt behandelt würden. "Emotional kann ich das gut nachvollziehen", sagte Ranisch. Es gebe hitzige Diskussionen, ob Impfunwillige nicht selbst für ihre Lage verantwortlich seien und warum man Solidarität mit jenen aufbringen solle, die sich scheinbar unsolidarisch zeigten. Hier müsse man jedoch vorsichtig sein: "Bei Triage-Entscheidungen geht es um die Rettung möglichst vieler Menschenleben, nicht um Schuld oder Bestrafung", so der Medizinethiker. "Die Behandlung von Kranken ist Aufgabe der Heilberufe, ungeachtet der Einstellungen der Patienten und Patientinnen." Der Impfstatus habe damit allenfalls eine indirekte Bedeutung für Triage-Entscheidung, etwa wenn Ungeimpfte eine schlechtere medizinische Prognose hätten. Auch die Altersfrage dürfe keine ausschlaggebende Rolle bei einer möglichen Priorisierung von Behandlungen von Corona-Patienten auf Intensivstationen spielen. "Gegen eine solche Diskriminierung sprechen ethische Anforderungen der Gleichbehandlung."

Zwar hätten ältere Patienten im Falle einer Triage häufiger das "Nachsehen". Dies hätte allerdings weniger mit ihrem kalendarischen Alter zu tun, "sondern weil sie beispielsweise häufiger an Begleiterkrankungen leiden". Ranisch sprach sich dafür aus, sich an den Empfehlungen der Deutsche Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zu orientieren: "Die Priorisierung von Patientinnen und Patienten sollte sich an der jeweiligen klinischen Erfolgsaussicht der intensivmedizinischen Behandlung orientieren."

Foto: Ärzte (über dts Nachrichtenagentur)

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