Wiesbaden - Die deutsche Polizei hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Menschenhandel geführt als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus dem "Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung" hervor, welches am Dienstag vom Bundeskriminalamt (BKA) vorgestellt wurde.
2020 wurden demnach 465 Verfahren abgeschlossen, eine Zunahme um 22,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit war weiterhin das Vorgehen gegen sexuelle Ausbeutung: 291 Verfahren wurden unter diesem Aspekt geführt, etwa aufgrund von Zwangsprostitution oder Ausbeutung von Prostituierten (Vorjahr: 287 Verfahren). Opfer sexueller Ausbeutung sind mehrheitlich Frauen: Im Jahr 2020 waren von den insgesamt 406 Opfern in Verfahren des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung 381 Opfer weiblich und 23 Opfer männlich, bei zwei weiteren Opfern blieb das Geschlecht unbekannt. Die Verfahren zeigen zudem, dass die Opfer jünger werden.
Laut BKA lag der Altersdurchschnitt der im Jahr 2020 identifizierten Opfer von sexueller Ausbeutung bei 24 Jahren (2019: 26 Jahre). Außerdem waren 42,7 Prozent der Opfer, deren Alter ermittelt werden konnte, unter 21 Jahre alt, bezogen auf den Prozentwert aus 2019 ist das eine Steigerung von 31,4 Prozent. Auch die Ausbeutung minderjähriger Opfer nahm im Berichtsjahr stark zu: Im vergangenen Jahr wurden 193 Verfahren mit minderjährigen Opfern gezählt, eine Zunahme um 58,2 Prozent im Vergleich zu 2019. Davon wurden 178 Verfahren wegen kommerzieller sexueller Ausbeutung geführt, eine Zunahme um 49,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Neben der sexuellen Ausbeutung wird im Deliktfeld des Menschenhandels auch gegen Arbeitsausbeutung, Ausbeutung der Bettelei sowie Ausbeutung bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen ermittelt. Ein weiteres in diesem Feld verortetes Delikt sind Zwangsheiraten: Wurden hier 2019 nur zwei Verfahren geführt worden, so stieg die Zahl im Jahr 2020 auf 13 Verfahren. Dabei war das jüngste Opfer gerade einmal zwölf Jahre alt. Weiterhin ist dem BKA zufolge bei Straftaten in den Bereichen Menschenhandel und Ausbeutung von einem hohen Dunkelfeld auszugehen: Opfer von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung geben sich demnach aus Angst vor täter- oder behördenseitigen Konsequenzen häufig nicht zu erkennen.
Foto: Festnahme mit Handschellen (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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