Berlin - Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), rät Ungarn und Polen ab, die mehrjährige Finanzplanung der EU durch ihr Veto zu blockieren. "Schließlich ist es unser aller Interesse und unsere gemeinsame Verantwortung, dass jetzt die dringend benötigten Wiederaufbau-Mittel rasch fließen und die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abmildern. Wer hier blockiert, schneidet sich doch ins eigene Fleisch", sagte Roth der "Welt" (Donnerstagausgabe).

Ungarn und Polen hatten in den vergangenen Tagen gedroht, die Abstimmung über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) durch ihr Veto zu blockieren, wenn die Vergabe von Mitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gekoppelt wird. Auf einen solchen Rechtsstaatsmechanismus hatten sich die Unterhändler des EU-Parlaments und der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der vergangenen Woche geeinigt. "Ein zentrales Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist es, die Rechtsstaatlichkeit in der EU besser zu schützen und zu stärken. Mit dem neuen Mechanismus können wir Gelder dann kürzen, wenn Mitgliedsstaaten die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verletzen", sagte Roth der "Welt". Dies könne für die betroffenen Regierung "finanziell durchaus schmerzhaft" werden, so der Staatsminister: "Wenn die Kommission von ihren Möglichkeiten Gebrauch macht, dann wird dieses neue Instrument ein scharfes Schwert sein." Ohne den Rechtsstaatsmechanismus wäre die Zustimmung des Europäischen Parlamentes zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU und zum Corona-Wiederaufbaufonds in Höhe von insgesamt 1,8 Billionen Euro nicht möglich gewesen, so Roth. Die Veto-Ankündigungen einzelner Staaten seien daher nicht zielführend. "Drohungen helfen uns jetzt überhaupt nicht weiter. Und wer unsere europäischen Spielregeln und Prinzipien beherzigt, hat ja ohnehin nichts zu befürchten", sagte der SPD-Politiker der "Welt". Der EU sei mit der Einigung auf einen neuen Mehrjährigen Haushalt und das Wiederaufbaupaket ein "echter Durchbruch" gelungen. "Die EU setzt damit ein klares Zeichen der Handlungsfähigkeit und Solidarität." Er könne sich nicht vorstellen, dass jetzt irgendjemand ernsthaft ein Interesse daran haben könnte, diesen "Zug" mit einer "Vollbremsung" noch aufzuhalten. "Das wäre brandgefährlich", sagte Roth.

Foto: EU-Parlament in Brüssel (über dts Nachrichtenagentur)

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