Berlin - Der Chef der Pisa-Studie, OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher, hat zu einer Reform der Lehrerausbildung in Deutschland aufgerufen. "In der Lehrerausbildung können wir sehr viel von den leistungsfähigsten Bildungssystemen lernen", sagte Schleicher in einem Podcast des "Redaktionsnetzwerks Deutschland".
Dort wähle man sehr viel sorgfältiger aus, wer überhaupt in die Lehrerausbildung komme. Der OECD-Bildungsdirektor führte aus: "In Finnland zum Beispiel ist der Praxistest sehr viel entscheidender als der theoretische Test." Er sagte: "Die entscheidende Frage ist: Können Sie mit Schülern umgehen und arbeiten?" Und das stellten dort erfahrene Lehrkräfte und Schulleiter sehr früh fest - noch bevor jemand sein Studium aufnehme. Zweitens müsse die Ausbildung frühzeitig sehr viel mehr in die Schulen verlagert werden. "Dort sammelt man die entscheidenden Erfahrungen. Dort kann man auch das, was man an der Universität lernt, sehr früh an der Praxis testen", so Schleicher. "Heute ist immer noch so die Idee: Ich studiere und mache dann ein Praktikum." Das reiche nicht aus. "Es geht darum, dass Lehrkräfte wirklich sehr früh wissen: Ist das mein Beruf?" Lehrer sei ein sehr herausfordernder Beruf. "Gerade, wenn Sie an einer Brennpunktschule arbeiten, ist er ungemein schwer", so der Chef der Pisa-Studie. "Diese Erfahrung früh zu machen und sich daran zu messen, ist sehr, sehr wichtig." In anderen Bereichen sei Deutschland bei der Verschränkung von Theorie und Praxis führend, sagte der OECD-Bildungsdirektor.
"Das duale System der Berufsausbildung ist ganz hervorragend", sagte er. "Dort lernen Sie in der Schule, aber auch sehr viel am Arbeitsplatz. So kann man sich das Studium der Zukunft dann auch vorstellen." In der Coronakrise werde einmal mehr deutlich, dass sich die Aufgabe der Lehrkräfte verändert habe und weiter verändere.
"Es geht eben nicht mehr vorwiegend um Wissensvermittlung. Das kann Technologie heute schon ganz gut", so Schleicher. "Sondern als Lehrkraft von heute, von morgen, müssen Sie ein guter Coach sein, ein guter Mentor sein." Der Chef der Pisa-Studie sagte: "Sie müssen Ihre Schüler als Personen kennen, nicht nur Ihr Unterrichtsfach."
Was man aus der Krise lernen könne, sei, dass Bildung nicht Transaktion, sondern Relation sei, "also Beziehungsarbeit". Und die Lehrer, die dort gut seien, hätten auch in der aktuellen Krise sehr viel erreicht.
Foto: Stühle im Flur einer Schule (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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