Berlin - Führende Ökonomen haben sich für eine nochmalige Verlängerung des Insolvenzschutzes für von der Corona-Pandemie betroffene Betriebe ausgesprochen. "Bei der Verlängerung der partiellen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht geht es um eine Abwägung zwischen Gläubigerschutz und dem Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs einerseits und andererseits dem Anliegen, eine weitere Destabilisierung der Wirtschaft und Überlastung der Gerichte durch eine Insolvenzwelle zu vermeiden", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dem "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe).

"In der aktuellen, sehr fragilen Wirtschaftslage halte ich es für das geringere Übel, die Aussetzung zu verlängern." Auch der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, zeigte sich offen für einen längeren Insolvenzschutz: "Hinsichtlich dieser Verlängerungsdiskussion bin ich entspannt", sagte Feld dem "Handelsblatt". Es gehe bei der Aussetzung der Antragspflicht nur um den Insolvenzgrund Überschuldung und nicht um Zahlungsunfähigkeit. Die derzeit diskutierte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für die Überschuldung bis Ende März 2021 werde "eine größere Konsistenz mit Lockdown- und entsprechenden Kompensationszahlungen des Staates im ersten Quartal 2021 erreichbar machen".

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Henning Vöpel, sprach mit Blick auf eine entsprechende Bundesratsinitiative Hessens von einem richtigen Vorstoß. Denn beide Instrumente – die Corona-Hilfen und der längere Insolvenzschutz – dienten dem gleichen Zweck: pandemiebedingte Insolvenzen zu verhindern. "Wenn die Hilfen bewilligt sind, aber aus technischen Gründen nicht rechtzeitig liquiditätswirksam werden, sollte der Insolvenzschutz durch das zweite Instrument trotzdem gewährleistet sein", sagte Vöpel der Zeitung. "Ein konsistentes Instrumentarium ist für die Glaubwürdigkeit und Effektivität der Krisenpolitik wichtig."

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, wendet sich dagegen klar gegen eine weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. "Die Schwierigkeiten bei der Auszahlung der diversen Hilfen dürfen nicht der Grund dafür sein, dieses Kernelement der marktwirtschaftlichen Ordnung weiter ausgesetzt zu lassen", sagte er dem "Handelsblatt". Die Unternehmen müssten auf die Bonität ihrer Geschäftspartner vertrauen können. Stattdessen forderte der Ökonom von der Politik und der Verwaltung, alles in Bewegung zu setzen, um die bürokratischen Probleme bei den Corona-Hilfen zu beseitigen.

"Großzügige Abschlagszahlungen und transparente Regeln wären hierfür erste Schritte", sagte Felbermayr.

Foto: Euromünzen (über dts Nachrichtenagentur)

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