Berlin - Bildungsexperten und Strafverfolger haben in der Corona-Pandemie vor Sicherheitslücken bei Online-Lernplattformen gewarnt. "Auch ein Jahr nach Beginn der Pandemie lernen deutsche Schulklassen noch immer nicht mit einer sicheren und stabilen digitalen Unterrichtsplattform, das ist bedauerlich", sagte Staatsanwältin Julia Bussweiler von der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) in Hessen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben).
Die hessische Zentralstelle ermittelt derzeit nach eigenen Angaben in einem Fall, in dem ein unbekannter Täter in den Online-Unterricht einer zweiten Schulklasse eingedrungen ist, die Lehrkraft aus der Plattform ausgeschlossen und dann dort den Kindern pornografische Videos gezeigt hat. Für die Strafverfolgungsbehörden ist es nach Angaben von Staatsanwältin Bussweiler schwer, an die Täter hinter den Straftaten im Bereich des Online-Lernens zu kommen. "Oftmals können wir keine Beweismittel sichern, da die Videokonferenzen ähnlich wie bei Streamingdiensten nicht gespeichert werden." Zudem sei die Identität des Täters schwer zu ermitteln, Anfragen bei Anbietern der Plattformen etwa in den USA zu Stammdaten wie einer IP-Adresse blieben nicht selten unbeantwortet. Komme doch eine Antwort, sei es für eine Abfrage bei den deutschen Internetanbietern "mangels umgesetzter Vorratsdatenspeicherung häufig zu spät", so Bussweiler. Bei den Lehrerverbänden beobachtet man einen Anstieg der Fälle von Missbrauch der Online-Lernplattformen. Ein Massenphänomen seien die Störungen nicht, sagte Ilka Hoffmann, Mitglied im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), den Funke-Zeitungen, aber die Fälle würden sich häufen. "Man muss es als Problem auf jeden Fall ernst nehmen." Die GEW fordert mehr Unterstützung der Behörden für die Schulen. "Die Strafverfolgung kann man nicht der Schule überlassen", sagte Hoffmann. Die Gewerkschaft erwarte, dass die Bildungsbehörden in solchen Fällen hinter der Schule stünden und dafür sorgten, dass ermittelt werde. In mehreren Fällen wurde bekannt, dass unbekannte Täter in den Online-Unterricht eingedrungen waren. Die Polizei ermittelt etwa aufgrund der Verletzung von Persönlichkeitsrechten sowie der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, aber auch wegen Verbreitens pornografischer Inhalte und Kindesmissbrauch.
Foto: Computer-Nutzerin (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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