Berlin - Deutsche Unternehmen sehen laut einer Umfrage des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft die IT- und Telekommunikationsbranche derzeit als wachstumsstärksten Bereich in Russland. Damit habe der russische IT-Sektor inzwischen die Land- und Ernährungswirtschaft überholt, sagte Ost-Ausschuss-Vorsitzender Oliver Hermes dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben).
Anders als Deutschland verfüge Russland über einige Global Player, die sich im IT-Sektor behaupten könnten, so der Vorstandschef der Dortmunder Wilo-Gruppe. "In diesem Punkt können wir von Russland lernen", sagte Hermes. Nach seinen Worten bleibt Russland trotz aller Schwierigkeiten in den politischen Beziehungen ein wichtiger Investitionsstandort für deutsche Unternehmen. Für dieses Jahr erwarten Prognosen ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent in Russland. Davon sollten auch deutsche Firmen profitieren. Die digitale Transformation werde in Russland sehr stark vom Kunden her gedacht, in Deutschland unter dem Label "Industrie 4.0" eher von der Beschaffungs- und Produktionsseite aus, so Hermes. "In der Industrie müssen wir zum Beispiel lernen, durch Digitalisierung die Kundenbindung zu verstärken." Seit dem Rekordjahr 2012 mit einem Handelsumsatz von 80 Milliarden Euro hat der deutsch-russische Handel erheblich an Volumen verloren. Dies lag nach Einschätzung von Hermes am Rückgang der Ölpreise, an Reformrückständen in Russland und an einem "Wirtschaftsmodell, dass unter dem Eindruck der westlichen Sanktionen zunehmend protektionistisch geworden ist". 2020 belegte Russland mit einem bilateralen Handel von 45 Milliarden Euro nur noch Platz 14 in der Handelsstatistik mit Deutschland - deutlich hinter Polen, Tschechien und erstmals auch hinter Ungarn. Der deutsch-russische Warenaustausch sank auch infolge von Corona-Beschränkungen auf den niedrigsten Stand seit 2005. Allerdings sei der alleinige Fokus auf den Außenhandel irreführend, warnte Hermes: Man dürfe nicht vergessen, dass ein wesentlicher Teil der deutschen Öl- und Gasimporte aus Russland stamme, nämlich rund 40 Prozent. Russland bleibe ein interessanter Markt. Nach Angaben der Bundesbank hatten deutsche Unternehmen Ende 2018 fast 21 Milliarden Euro in Russland investiert und beschäftigten dort fast 260.000 Menschen.
Foto: Computer-Nutzer (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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