Berlin/Kabul - Der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte, Marcus Grotian, ist angesichts eines aktuellen Berichts über Drohungen gegen frühere Helfer der Bundeswehr in Afghanistan und ihre Familien alarmiert. "Mit großer Sorge nehmen wir den Bericht zur Kenntnis", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Dienstagsausgaben).

"Die diplomatischen Bemühungen müssen erhöht werden, da die bisherigen kaum Früchte tragen. Zurückgelassenen Ortskräften muss endlich ein Weg aus Afghanistan aufgezeigt werden." Auch Wochen nach den Besuchen von Außenminister Heiko Maas (SPD) in den zentralasiatischen Nachbarländern Afghanistans sowie der Türkei und der Zusicherung von Hunderten Millionen Euro "sind die Grenzen de facto für Ortskräfte weiter geschlossen", sagte Grotian. Am Wochenende hatte der niederländische Fernsehsender NOS aus einem Brief der Taliban an einen ehemaligen Dolmetscher zitiert. Darin heißt es: "Wir werden uns rächen. Wenn es uns nicht gelingt, Sie zu fassen, werden wir das mit Ihren Angehörigen regeln." Dieses und andere Schreiben sind laut NOS mit dem offiziellen Stempel der Extremisten versehen. Die Familien von in Verstecken lebenden Ex-Mitarbeitern der internationalen Truppen erhalten dem Bericht zufolge Vorladungen vor Gericht. Erschienen sie nicht vor einem Tribunal, drohten den Angehörigen schwere Strafen, so der Sender. Tausende Ortskräfte befinden sich trotz des jüngsten Evakuierungseinsatzes der Bundeswehr und anderer westlicher Streitkräfte, allen voran der USA, noch im Land. Dabei häufen sich Berichte über zunehmende Repressalien der Taliban gegen ihnen unliebsame Gruppen. Hoffnungen, sie würden sich gemäßigter verhalten als vor ihrem Sturz 2001, bestätigen sich nicht.

Foto: Afghanistan (über dts Nachrichtenagentur)

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