Berlin - Polens Botschafter in Deutschland, Andrzej Przylebski, hat Deutschland und die EU aufgerufen, Russland zu schwächen, um die Bedrohung seines Landes zu vermindern. Die Gaspipeline Nord Stream 2 sei da kontraproduktiv, sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Sonntagausgaben).

"Es ist schon seltsam, dass Deutschland einerseits Sanktionen unterstützt und andererseits Putin Riesensummen für Militärausgaben zur Verfügung stellt", sagte Przylebski. "Das sollten die Europäer nicht machen. Wir sollten die Russen schwächen." Er sage dies "nicht mit Hass, aber aus einem Gefühl der Bedrohung".

Polen habe eine leidvolle Geschichte mit den beiden Nachbarn Deutschland und Russland hinter sich. "Wir haben keine Lust, in dieser Hinsicht weitere Erfahrungen zu sammeln." Es gebe in Polen eine große Affinität zu Russland. "Die Polen singen russische Lieder, gucken sich gern russische Filme an, aber wir sind auch bereit, notfalls gegen sie zu kämpfen", sagte Przylebski.

"Ich denke, Russland muss jetzt einmal zur Besinnung kommen." Przylebski hob hervor, dass Polen ab Ende 2022 kein Gas mehr aus Russland importieren wird. "Wir machen uns unabhängig, indem wir die Baltic Pipe durch die Ostsee bauen, um Gas aus Norwegen zu beziehen und indem wir in moderne Terminals investieren, an denen Flüssiggas-Tanker gelöscht werden können." Mit Blick auf das Nachbarland Weißrussland sagte Przylebski, die friedlichen Proteste würden nicht ausreichen, um das Regime zu stürzen.

"Der Zivilgesellschaft muss es gelingen, neue Organisationen aufzubauen. Das könnte zur Schwächung des Systems führen und zu Kompromissen." Polen sei ein gutes Beispiel für den Transformationsprozess von der kommunistischen Diktatur zur Demokratie mit Hilfe der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc. Aber der Weg von ihrer Gründung bis zum Runden Tisch habe neun Jahre gedauert.

Nach Einschätzung des polnischen Botschafters befindet sich Belarus wirtschaftlich in relativer Abhängigkeit von Russland, die Armee jedoch sei technologisch absolut abhängig vom großen Nachbarn. "Ich würde so weit gehen zu sagen, das Kommando ist in russischer Hand."

Foto: Nord-Stream-Anbindungsleitung EUGAL (über dts Nachrichtenagentur)

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