Leipzig - Die Psychiaterin Steffi Riedel-Heller erwartet, dass die allgemeine psychische Belastung durch die Pandemie und die Gegenmaßnahmen wieder abnehmen wird. "Die psychische Reaktion folgt dem Pandemie-Geschehen, sie wird auch wieder nachlassen. Von einem Tsunami psychischer Störungen kann man nicht sprechen", sagte die Forscherin von der Universität Leipzig der Wochenzeitung "Die Zeit".

Vor solch einem "Tsunami" hatten sowohl das britische Royal College of Psychiatrists als auch die Europäische Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten gewarnt, berichtet die Wochenzeitung. Auch der Psychiater Andreas Heinz von der Berliner Charité wandte sich gegen diese Einschätzung: "Katastrophisierende Vergleiche mit Naturereignissen wie einem Tsunami halte ich aber nicht für hilfreich", sagte er der "Zeit". Heinz ist auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).

Zugleich erwartet er schwere Folgen für bereits Erkrankte: "Bei Menschen mit psychischen Vorerkrankungen befürchten wir eine deutliche Verschlimmerung der Beschwerden." Auch was die psychische Gesundheit in der Pandemie angehe, gebe es Risikogruppen. Dazu gehörten auch junge Menschen und wirtschaftlich Schwache. Psychiatern und Psychologen bereitet deshalb vor allem ein wirtschaftlicher Abschwung Sorgen.

"Wenn die wirtschaftliche Lage schwieriger wird oder sogar Jobverluste hinzukommen, werden psychische Erkrankungen zunehmen", sagte der Psychologe Jürgen Margraf von der Ruhr-Universität Bochum der Wochenzeitung. Der Psychiater Vikram Patel von der Harvard Medical School fordert deshalb die Politik auf, wirtschaftlich schwache Menschen finanziell zu unterstützen. Dies sei das wichtigste Mittel gegen psychische Folgen der Pandemie, sagte er der "Zeit".

Foto: Frau mit Schutzmaske in einer S-Bahn (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: