London - Der Terrorismusexperte Peter Neumann vom Londoner King’s College glaubt, dass die afghanischen Taliban in den vergangenen 30 Jahren ihren Charakter geändert haben. "Die Taliban versuchen, aus den Fehlern der 1990er-Jahre zu lernen", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben).

"Damals wurden sie von Teilen der Bevölkerung sehr gehasst, weil sie zum Beispiel gegen religiöse Minderheiten vorgegangen sind." Das habe sich geändert. "Sie geben sich versöhnlicher und wollen auch Mädchen erlauben, zur Schule zu gehen", sagte Neumann. Zwar habe sich die Ideologie nicht geändert. "Sie sind jetzt aber bereit, zu deren Durchsetzung pragmatischer zu sein. Ich vermute, wir werden am ersten Tag nach der Machtübernahme keine Massenexekutionen sehen." Große Hoffnungen auf einen Dialog mit den Taliban habe er dennoch nicht, so Neumann. "Die Frage ist auch: Worüber sollen wir mit den Taliban sprechen? Die wissen ganz genau, dass der Westen so schnell nicht zurückkommt", sagte er. Der Westen habe mit dem Rückzug seiner Truppen sein wichtigstes und einziges Druckmittel verloren. "Die Taliban haben ihr Ziel erreicht, die stärksten Militärmächte auf der Welt zu vertreiben. Sie sind auf ihrem absoluten, triumphalen Höhepunkt. Weshalb sollten sie jetzt verhandeln wollen?"

Foto: Afghanistan (über dts Nachrichtenagentur)

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