Dessau-Roßlau - Das Umweltbundesamt (UBA) attestiert den Deutschen ein hohes Umweltbewusstsein. 70 Prozent hielten Umwelt- und Klimaschutz inzwischen für ein relevantes Thema, sagte UBA-Präsident Dirk Messner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).

"Und sie empfinden die Maßnahmen, die dazu nötig sind, nicht als Zumutung", sagte er. "Was sich die Menschen unter einem guten Leben vorstellen, passt zur sozial-ökologischen Transformation der Regierung." Messner beruft sich auf die jüngste Umweltbewusstseinsstudie, die am Freitag in vollständiger Fassung vorgestellt wird. "Über 90 Prozent wollen mehr für das Tierwohl tun - und dafür auch bezahlen. Mehr als 90 Prozent wollen Pflanzenschutzmittel reduzieren. 64 Prozent wünschen sich ein Tempolimit auf Autobahnen. 89 Prozent wollen mehr Radwege", so der Präsident.

63 Prozent wollten weniger Fleisch konsumieren und erwarteten von den Kantinen, dass sie vegetarische Kost systematisch anböten.

Allerdings seien die Menschen "zunehmend genervt", wenn man ihnen vorschreiben wolle, wie sie zu leben hätten. "2018 haben 37 Prozent angegeben, dass sie sich nicht belehren lassen wollen. 2020 - in unserer jüngsten Erhebung - waren es schon 52 Prozent", sagte Messner. "Der moralische Zeigefinger funktioniert nicht."

Die Politik solle daher Angebote schaffen "in Bereichen, in denen die Leute bereit sind, etwas zu tun", riet er. "Wir sollten den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, neue Radwege schaffen. Oder auch den Fleischkonsum in den öffentlichen Kantinen oder den Schulen reduzieren. Das trifft inzwischen auf große Zustimmung."

Das Umweltbundesamt sei aber auch auf Grenzen der Zustimmung gestoßen, räumte Messner ein. "Die Menschen wollen Klimaschutz nicht um jeden Preis. Wenn der ökologische Umbau der Wirtschaft zu Jobverlusten führt, ziehen 50 Prozent die Sicherheit des Arbeitsplatzes vor", sagte er. "Empfindlich sind die Deutschen immer noch beim Auto. 50 Prozent lehnen eine Pkw-Maut ab, die an die Fahrleistung gekoppelt ist."

Ein weiterer sensibler Punkt sei das Wohnen. "Würden die Menschen in kleineren Wohnungen leben, könnten wir CO2-Emissionen reduzieren. Auf Wohnfläche zu verzichten können sich aber nur 36 Prozent vorstellen."

Wichtig für die Akzeptanz von Maßnahmen sei, dass man "die soziale Dimension im Blick behält - und gleichgewichtig zu den Umwelt- und Klimavorhaben behandelt". Beim CO2-Preis beispielsweise solle die Politik "immer dazu sagen, dass sie einen signifikanten Teil der Einnahmen an die Bürger zurückgeben will - etwa über die Abschaffung der Ökostrom-Umlage". Auf die Frage, wie viele Flugreisen im Jahr akzeptabel seien, sagte Messner: "Wir schreiben niemandem vor, wie viele Flugreisen in Ordnung sind. Je weniger, desto besser. Wir müssen unser Verhalten ändern. Aber wir müssen nicht alles auf Null reduzieren in ganz kurzer Zeit."

Foto: Umweltbundesamt (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: