Berlin - Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg, hält einen handlungsfähigen Auslandsnachrichtendienst für wichtiger denn je. "Die Bombenanschläge am Kabuler Flughafen haben gezeigt: Die Gefahr, dass Afghanistan wieder ein Hort des islamistischen Terrorismus werden könnte, ist real", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe).

Nach dem Ende der NATO-Mission in Afghanistan werde man den BND für die Aufklärung von Terrorgefahren für Deutschland und Europa dringender brauchen denn je. Middelberg warnte SPD und Grüne davor, den BND an einer effektiven Arbeit zu hindern. "Wir haben gerade erst im Frühjahr die technische Nachrichtenbeschaffung des BND wie auch deren Kontrolle neu aufgestellt. Hier hat sich leider wieder gezeigt: Die Grünen wollen den Nachrichtendiensten immer neue Steine in den Weg legen, und die SPD verhindert, dass unsere Sicherheitsbehörden mit der digitalen Entwicklung Schritt halten können", sagte Middelberg der NOZ. Wer aber den Sicherheitsbehörden die notwendigen Befugnisse verweigere, der dürfe sich später "nicht über unzureichende Aufklärungserkenntnisse beklagen". Der CDU-Politiker schließt nicht aus, dass mögliche Fehleinschätzungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur Lage in Afghanistan Konsequenzen nach sich ziehen könnten. "Sollte sich zeigen, dass rechtliche Hindernisse die Lageeinschätzung behindert haben, müssen diese konsequent beseitigt werden. Wir brauchen einen handlungsfähigen und effektiven Auslandsnachrichtendienst", sagte Middelberg. Die Abläufe der vergangenen Monate in Afghanistan seien "rückhaltlos" aufzuklären. "Das betrifft das Auswärtige Amt, aber auch den BND", so der CDU-Politiker. Der außenpolitische Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag, Omid Nouripour, warnt hingegen davor, die Taliban nach dem Anschlag der Terrormiliz IS in Kabul als Partner in der Terrorismusbekämpfung zu sehen. "Jetzt aus Angst vor Terroristen mit den zweitschlimmsten Terroristen zusammenzuarbeiten, ist eine furchtbare Idee", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben). Das US-Militär hatte am Donnerstag mitgeteilt, Informationen mit den Taliban zu teilen, um Anschläge des IS zu verhindern. "Natürlich muss man jetzt mit den Taliban darüber reden, wie man Leute aus Afghanistan rauskriegt", sagte Nouripour, "so wie man mit Geiselnehmern redet." Mit Geiselnehmern darüber zu sprechen, "wie man andere Geiselnehmer bekämpft", sei jedoch kompletter Wahnsinn. Durch eine solche Herangehensweise würden die Taliban aufgewertet. "Wir können nicht mit den Taliban kooperieren, um ISIS zu bekämpfen, wir können auch nicht mit denen darüber reden, wie wir die Zahl aus Afghanistan fliehender Menschen gering halten oder denen Geld für Entwicklungshilfe geben - als wären die Taliban an der Entwicklung Afghanistans interessiert", sagte der Grünen-Politiker. Für Situationen wie in Afghanistan gebe es ein "klassisches Drehbuch", das sei jedoch "anscheinend irgendwo zwischen Washington und Berlin verloren gegangen". Wenn eine Miliz einfach eine legitime Regierung und eine Verfassung überrolle, gelte als Erstes, dass man sie nicht anerkennt. "Die Art und Weise in der jetzt anscheinend Kooperationen laufen sollen, ist das Gegenteil davon", beklagte Nouripour. "Als Zweites spricht man mit der legitimen Regierung." Das habe bisher niemand gemacht. "Als Drittes denkt man über Sanktionen oder andere Druckmittel nach." Nichts davon passiere gerade. "Die ganze Situation wäre vermeidbar gewesen, hätte man rechtzeitig gehandelt."

Jetzt müsse man alles dafür tun, um deutsche Staatsbürger, Ortskräfte und andere Schutzbedürftige aus Afghanistan rauszuholen. "Die Bundesregierung hat uns in eine verheerend schwache Position gebracht und es damit versäumt, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden", so Nouripour.

Foto: BND-Zentrale (über dts Nachrichtenagentur)

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