Washington - Der US-Epidemiologe Larry Brilliant fordert mehr Ressourcen und Befugnisse für die Weltgesundheitsorganisation (WHO), um künftigen Pandemien besser begegnen zu können. Dabei müsse die Welt aus den Erfahrungen mit der Ausrottung der Pocken lernen, sagte er dem "Zeitmagazin".

Der US-Wissenschaftler war daran in den 70er-Jahren im Auftrag der WHO selbst führend beteiligt. "Man impfte nicht diejenigen mit den besten Beziehungen, den smartesten bilateralen Verträgen und dem meisten Geld, sondern die, die am stärksten gefährdet und betroffen waren", sagte er. Dagegen seien noch im Sommer vorigen Jahres 75 Prozent aller Covid-Impfstoffe in lediglich zehn Ländern gelandet. Die Impfstoffe müssten "mit absoluter Priorität dorthin, zum Beispiel bevorzugt in einzelne afrikanische Regionen südlich der Sahara, weil hier viele immungeschwächte, mit HIV infizierte, aber nur unzureichend mit Medikamenten versorgte Menschen leben - das hilft einerseits den Menschen vor Ort, und es wirkt andererseits Virusmutationen entgegen."

Obwohl das Covid-19-Virus nicht auszurotten sei, gebe es keinen Grund zu resignieren. Das lehre das Beispiel Indien - in den Siebzigerjahren ein Land mit 600 Millionen Menschen, von denen 20 Millionen konstant im Land unterwegs waren, also potenziell das Virus weitertragen konnten. "Wenn die Pockenausrottung unter solchen Bedingungen gelingt, warum soll man dann nicht glauben, dass auch andere Wunder möglich sind?" 150.000 Ärzte, Krankenschwestern, Impfspezialisten, Menschen mit Orts- und Sprachkenntnissen waren an der Bekämpfung der Pocken beteiligt, die Helfer kamen aus 50 Ländern und gingen von Dorf zu Dorf auf der Suche nach Erkrankten. "Das ganze Programm kostete gut 150 Millionen Dollar, damals eine gewaltige Summe. Und doch handelt es sich um die beste Investition, die man sich nur vorstellen kann. Jedes einzelne Jahr erhält die Weltgemeinschaft ein Vielfaches dieses Geldes zurück, einfach nur, weil es die Pocken nicht mehr gibt", so Brilliant.

Der Epidemiologe arbeitete von 1973 bis 1980 für die Weltgesundheitsorganisation.

Foto: Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf (über dts Nachrichtenagentur)

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