Das Wort Hoffnung ist zu einem romantisierten Begriff geworden und ich möchte sie mit Hilfe der Wissenschaft aus dieser Ecke befreien.

Man sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Und ich bin davon überzeugt, dass Hoffnung es ist, die uns in vielen Situationen am Leben hält.

Wenn wir nicht mehr glauben, dass es irgendwie weitergeht, dann tun wir nichts mehr für unser Leben.

Ein interessantes Experiment dazu hat in den 1950er Jahren ein Wissenschaftler namens Curt Richter durchgeführt.

Er nahm ein Dutzend zahmer Ratten und setzte sie in halb mit Wasser gefüllte Gläser. Natürlich ertranken die Ratten, aber Richters Idee war, die Zeit zu messen, die sie schwammen, bevor sie aufgaben.

Die erste Ratte schwamm zwei Minuten lang und starb dann.

Zwei weitere der 12 domestizierten Ratten starben auf sehr ähnliche Weise.

Aber interessanterweise gaben die neun verbleibenden Ratten nicht annähernd so schnell auf.  Sie schwammen tagelang, bevor sie schließlich aufgaben und ertranken.

Ein zweites Mal führte Richter das Experiment dann mit wilden Ratten durch, die für ihre guten Schwimmfähigkeiten bekannt sind.

Bemerkenswert ist, dass die Ratten, die er verwendete, erst kürzlich gefangen worden waren. Sie waren wild und aggressiv .

Eine nach der anderen ließ er sie ins Wasser fallen, und eine nach der anderen überraschte ihn.  Nach wenigen Minuten Wasser ertranken alle wilden Mäuse.

Er fragte sich, was diese Ratten tötete.

Warum starben alle wilden, aggressiven Ratten fast sofort und nur eine kleine Anzahl der  zahmen Hausratten?

Die Antwort lautet: Hoffnung.

Die wilden Ratten hatten ganz klar verstanden, dass es für sie keine Chance gab,  aus dem Gefäß herauszukommen. Sie hatten verstanden, dass sie sich in einer Situation befanden, gegen die sie sie nichts unternehmen konnten. Also haben sie  sich aufgegeben.

Später hat Richter das Experiment wiederholt, aber ein wenig verfeinert.

Er nahm andere wilde Ratten und setzte sie in das Gefäß. Aber kurz bevor sie zu sterben drohten, hob er sie auf, hielt sie eine Weile fest und setzte sie dann zurück in das Gefäß. Auf diese Weise lernten die Ratten schnell, dass die Situation nicht wirklich hoffnungslos war.

Wie es scheint, machte dieses kleine Innehalten einen großen Unterschied.

Die Ratten, die eine kurze Gnadenfrist erlebten, schwammen viel länger und überlebten die Ratten, die allein gelassen wurden.

Manche schwammen 60 Stunden lang.

Zu verstehen, dass sie nicht sicher verloren waren, gab den Ratten die Kraft, weiter zu schwimmen.

Die Beseitigung der Hoffnungslosigkeit war der Schlüssel.

Und was hat das mit uns zu tun?

Wir sind ja keine Ratten.

Aber auch wir brauchen eine Motivation, um weiter zu schwimmen.

Die Hoffnung  ist also ein tief in uns verankerter Mechanismus, der für unser Überleben nötig ist.

Hoffnung erscheint den Menschen heute, wie ein romantisierter Begriff, eine Floskel.

Aber Hoffen ist nicht wie Wünschen oder Träumen. Es ist nicht Wischi-Waschi.

Hoffnung entspringt, wie bei den Ratten aus einer realistischen Einschätzung unserer Situation.

Die Möglichkeit der Rettung muss real bestehen.

Das ist etwas ganz anderes als Träumen.

Ich finde das so unfassbar wichtig für diese Zeit.


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