Berlin - Katherina Reiche, Vorsitzende des Wasserstoffrats der Bundesregierung, kritisiert die bisherigen Schritte der Bundesregierung zur Umsetzung der Wasserstoffstrategie. "Es geht darum, umgehend Fahrt aufzunehmen", sagte sie dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe).

Der Rest der Welt schlafe nicht. "Andere Nationen waren schneller als wir und sind zudem deutlich zielstrebiger." Der Wasserstoffrat besteht aus 25 Experten, die die Bundesregierung bei der Umsetzung der 2020 beschlossenen "Nationalen Wasserstoffstrategie" beraten. Reiche wurde im Sommer vergangenen Jahres zur Vorsitzenden des Gremiums gewählt.

Im Hauptberuf ist sie Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG. Reiche hält die Regelung für eine Entlastung bei den Stromkosten für die Produktion von Wasserstoff mittels Elektrolyse für unzureichend. "Unternehmen, die in die Wasserstoffelektrolyse investieren wollen, brauchen daher eine verlässliche und langfristige Zusage, dass sie bei den Stromkosten deutlich entlastet werden", sagte Reiche. Die von der Koalition beschlossene Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) helfe dabei "nur teilweise". Die Entlastung bei der EEG-Umlage greife nur dann, wenn der Strom mittels Anlagen produziert werde, die nicht in der EEG-Förderung sind.

Damit kämen neben einigen Wasserkraftanlagen im Wesentlichen die wenigen Altanlagen in Betracht, die nach 20 Jahren Betriebsdauer bereits aus der EEG-Förderung herausgefallen seien. "Das wird nicht ausreichen, um die vorhandenen Wasserstoffbedarfe abdecken zu können", kritisierte Reiche. Die Regelung, die Gegenstand einer Verordnungsermächtigung im kürzlich novellierten EEG ist, sei "nur ein Beispiel für den fehlenden Rückenwind der Politik", sagte die Expertin. Die Bundesregierung habe sich das Ziel gesetzt, Wasserstoff-Weltmeister zu werden.

Wer schnell vorankommen wolle, dürfe aber "nicht gleichzeitig auf der Bremse stehen", sagte sie. Nach Reiches Überzeugung reichen die Pläne der Politik für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie nicht aus, um den Transformationsprozess in den betroffenen Branchen zu meistern. Industrieunternehmen sei "allein mit Investitionszuschüssen des Staates nicht geholfen", warnte Reiche. "Sie brauchen vielmehr auch die verbindliche Zusage der Politik, dass sie über Jahre bei den laufenden Kosten unterstützt werden", sagte sie.

Der Einsatz von grünem Wasserstoff werde noch lange erheblich teurer sein als der Einsatz konventioneller Energieträger und Rohstoffe. Die Bundesregierung müsse rasch ein funktionierendes System mit verbindlichen Zusagen entwickeln, forderte Reiche. Dieser Kraftakt sei überfällig. "Die Gefahr ist, dass die erhofften Investitionen ausbleiben."

Foto: Wasserstoff-Behälter (über dts Nachrichtenagentur)

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