Berlin - Linken-Chefin Janine Wissler sieht Deutschland in einer besonderen Verantwortung zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan. "Als reichster Staat in der Europäischen Union muss Deutschland natürlich einen großen Teil dieser Menschen aufnehmen, die jetzt aus Afghanistan kommen", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
Es sei allerdings zu befürchten, dass nur sehr wenige das Land überhaupt verlassen könnten, fügte sie hinzu. Zuvor hatte Bundesminister Horst Seehofer (CSU) deutlich gemacht, dass er nach der Machtübernahme der Taliban mit 300.000 bis fünf Millionen zusätzlichen Flüchtlingen aus Afghanistan rechnet. Wissler erinnerte daran, dass sich mehr als 250 Kommunen in Deutschland zum sicheren Hafen erklärt hätten. "Die Länder und Kommunen sollten endlich die Erlaubnis bekommen, die Hilfe zu leisten, die sie leisten wollen", sagte die Linken-Politikerin, die sich ausdrücklich für einen deutschen Alleingang aussprach.
"Ich würde auch mir wünschen, dass es eine europäische Lösung gäbe. Aber wir können nicht auf eine europäische Lösung warten. Sonst wird jegliche Aufnahme von Geflüchteten blockiert", sagte sie. Deutschland trage eine Mitverantwortung für das Drama in Afghanistan.
Zugleich sprach sich die Spitzenkandidatin der Linken für eine Ausweitung der Evakuierungsflüge aus. "Wir sollten jeden retten, den man retten kann", sagte sie. "Dabei geht es zum einen um die Ortskräfte, die in den vergangenen 20 Jahren für die Bundeswehr, die deutsche Botschaft oder die Entwicklungsorganisation GIZ gearbeitet haben. Und zum anderen um die besonders gefährdeten Gruppen in der afghanischen Gesellschaft wie Frauenrechtlerinnen oder Menschenrechtsaktivisten."
Man müsse so viele retten wie möglich. "Nach dem Motto: Erst retten und dann fragen, nicht umgekehrt. Wenn die Bundesregierung Menschen wegen bürokratischer Hürden zurücklässt, macht sie sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig." Die Linken-Chefin forderte darüber hinaus eine Fortsetzung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auch mit einer Taliban-Regierung.
"In der Entwicklungszusammenarbeit muss im Sinne der Menschen weitergeführt werden, was geht. Hilfsgelder von vornherein pauschal zu streichen halte ich für falsch", sagte Wissler. "Die Taliban sind grausam, wir dürfen nicht die Menschen im Stich lassen, die unter den Taliban und der humanitären Situation leiden."
Foto: Janine Wissler (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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