Berlin - Wegen stark gestiegener Preise für Bahnstrom fürchten Schienengüterunternehmen die Rückverlagerung von Verkehr auf die Straße. "Die Gefahr von Verkehrsverlusten an die Straße ist aufgrund der Preissensibilität unserer Kunden immer gegeben", sagte Sven Flore, Chef der SBB Cargo International, der "Welt am Sonntag".

Das Tochterunternehmen der Schweizer Bundesbahn gehört auch in Deutschland zu den größten Wettbewerbern der Deutschen Bahn (DB) im Schienengüterverkehr. Der Preis für Bahnstrom in Deutschland sei heute zweieinhalb- bis dreimal so hoch wie noch vor zwölf Monaten. Immerhin sei es bislang gelungen, durch langfristige Beschaffungsstrategien den Preisanstieg für die SBB Cargo International für dieses Jahr zu begrenzen - auf 50 Prozent. Das gelte allerdings nur für bestehende Kunden.

"Neuverkehre können nur gestartet werden, wenn diese den aktuellen Einkaufspreis abdecken. Dies wird kein Kunde mitmachen", sagte Flore. Laut Koalitionsvertrag soll der Anteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 um 25 Prozent steigen. Der Dieselpreis sei deutlich weniger stark gestiegen, deshalb nehme nicht nur die Attraktivität von Lkw als Transportmittel gegenüber dem Güterzug zu.

"Interessant ist, dass - nüchtern betrachtet - der Einsatz von schweren Dieselloks bei Neuverkehren kostenmäßig deutlich günstiger wäre als der Einsatz von E-Loks", sagte Flore. Auch die Stadtwerke Tübingen als einer der größten Bahnstrom-Anbieter Deutschlands neben der DB Energie teilen die Sorge. Die Kraftstoffpreise seien "bei weitem nicht so gestiegen wie der Strompreis", teilte das Unternehmen der Zeitung mit. "Dies könnte dazu führen, dass Teile des Schienengüterverkehrs wieder auf dieselbetriebene Lokomotiven umsteigen."

Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Michael Kruse, sprach sich für staatliche Hilfen für die privaten Bahnunternehmen aus. "Die hohen Energiepreise gefährden die Energie- und Verkehrswende", sagte er der "Welt am Sonntag". Er höre von vielen Bahn- und Logistikunternehmen, dass sie in ihrer Existenz bedroht seien, man müsse befürchten, dass Verkehre "unwiederbringlich von der Bahn auf die Straße verlagert" werden. "Ich setze mich daher dafür ein, hier schnell wirtschaftliche Hilfen für die betroffenen Bahn- und Logistikunternehmen bereitzustellen, um dem Gütertransport auf der Schiene das Überleben zu sichern", sagte Kruse.

Er sei dazu schon mit den betroffenen Ministern in Gesprächen.

Foto: Güterwaggons (über dts Nachrichtenagentur)

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