Kiew - In einem von der EU mitfinanzierten Haftlager für Flüchtlinge und Migranten im Norden der Ukraine sind offenbar auch Wochen nach Beginn der russischen Invasion noch Dutzende Menschen gefangen gewesen. Das berichtet der "Spiegel" nach gemeinsamen Recherchen mit Lighthouse Reports.

Die Rechercheure befragten Verwandte sowie andere Kontaktpersonen von Häftlingen und werteten Videos aus. Ein Video, welches ein Inder nach Kriegsbeginn an seine Familie schickte, zeigt demnach mehrere Personen im Innenhof des Haftzentrums in dem Dorf Schurawytschi. Eine Mitarbeiterin der pakistanischen NGO Alight Pakistan hatte in den vergangenen Wochen mit mehreren Gefangenen Kontakt, sie stammten unter anderem aus Afghanistan, Pakistan und Äthiopien. Dem "Spiegel" liegen nach eigenen Angaben die Ausweisdokumente der Häftlinge vor, zum Teil auch die Visa, mit der sie in die Ukraine kamen.

Die Häftlinge sollen kaum Kontakt zur Außenwelt haben. Sie wollen die Ukraine so schnell wie möglich verlassen. Nach Angaben der NGO "Human Rights Watch", die Anfang März mit vier Insassen sprechen konnte, nutzen ukrainische Truppen die ehemalige Kaserne seit Kriegsbeginn wieder als Basis. Vieles spricht dafür, dass das Gefängnis auch weiterhin in Betrieb ist.

Ende März befanden sich den Aussagen von Insassen gegenüber Verwandten zufolge noch Dutzende Menschen in Haft. Die niederländische Europaabgeordnete Tineke Strik drängt die EU, Druck auf die ukrainischen Behörden auszuüben. "Die EU-Kommission muss dafür sorgen, dass die Migranten und Flüchtlinge unverzüglich freigelassen werden", sagte sie. Anschließend müsse man sie sicher in die EU bringen.

Die ukrainischen Behörden und die EU-Kommission antworteten laut "Spiegel" nicht auf eine Anfrage.

Foto: Gefängnis (über dts Nachrichtenagentur)

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