Potsdam - Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, die Klagemöglichkeiten für Umweltverbände auf den Prüfstand zu stellen. Die Frage der Rechtsklarheit und auch der Rechtssicherheit seien ein wichtiger Punkt.
"Es geht dabei nicht nur um diejenigen, die Einwendungen gegen ein Projekt vorbringen, sondern auch um Unternehmen, die investieren wollen", sagte Beermann dem "Handelsblatt". "Deswegen sollten wir die Idee der sogenannten Präklusion wieder aufgreifen." Präklusion bedeutet, dass es in möglichen Prozessen nur um Einwendungen gehen würde, die bereits im Anhörungsverfahren geltend gemacht wurden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte diese Einschränkung vor einigen Jahren aufgehoben.
Einwendungen von Umweltverbänden oder Bürgern gegen ein Bauprojekt dürfen seitdem nicht mehr nur im Genehmigungsverfahren, sondern auch danach in einem Gerichtsverfahren erhoben werden. "Das kann zu langen Planungszeiten führen", sagte Beermann. Er sei daher der Auffassung, dass man in Genehmigungsverfahren irgendwann an einen Punkt komme, an dem jeder die Möglichkeit hatte, seine Sicht auf die Dinge darzulegen. "Danach sollte das Verfahren zu einem Ende kommen, damit alle Beteiligten Rechtssicherheit haben", betonte der CDU-Politiker.
"Deswegen sollte man im Lichte der EU-Rechtsprechung prüfen, welche Möglichkeiten es auf europäischer und internationaler Ebene gibt, Planungsverfahren nicht noch weiter hinauszuzögern." Dass der Bund in dieser Legislaturperiode mehrere Beschleunigungsgesetze im Planungsrecht aufgesetzt habe, sei zwar ein "gutes Signal", sagte Beermann weiter. Dennoch müsse man "immer wieder überprüfen, ob die Regularien, die wir haben, auch angemessen funktionieren". Das gelte auch für große Bauprojekte wie die Tesla-Ansiedlung in Brandenburg.
Das bestehende Verbandsklagerecht habe das Projekt zwar nicht aufhalten können. "Trotzdem gilt es, immer wieder Prozesse zu hinterfragen", sagte der Minister. "Das gilt auch für die Möglichkeiten, juristisch auf Genehmigungsverfahren Einfluss zu nehmen." Beermann geht fest davon aus, dass die Fabrik von Tesla in Grünheide planmäßig fertiggestellt wird.
Mit etwaigen Verzögerungen durch die verschärfte Corona-Lage rechnet er nicht. "Corona wird das Tesla-Projekt nicht ausbremsen", sagte Beermann dem "Handelsblatt". "Wir planen schon den größten Teil der Ansiedlung während der Pandemie und haben trotzdem viel erreicht." Daher sei er "zuversichtlich, dass wir auch weiter gut durch die Corona-Zeit kommen".
Beermann erwartet infolge der Ansiedlung einen "ganz enormen Schub" für die Region Berlin-Brandenburg. "Künftig wird die Welt auch nach Brandenburg gucken, wenn es um Autos aus Deutschland geht, und das kann man nur als Glücksfall bezeichnen", sagte der CDU-Politiker. Beermann sprach von einem "herausfordernden Projekt". Gelegentlich habe die Zusammenarbeit mit Tesla "Workshop-Charakter".
"Am Ende geht es aber nicht um traumtänzerische Wünsche", betonte er. Im Zusammenhang mit dem Tesla-Projekt prüft das Ministerium zusammen mit den umliegenden Gemeinden die Potenziale für Wohnraum und weitere Gewerbeansiedlungen. Laut Beermann sind bislang Flächen in der Größenordnung von 600 Hektar identifiziert worden, die kurz- und mittelfristig für den Wohnungsbau genutzt werden können. Das entspreche einem Potenzial von 29.000 Wohnungen - vom Eigenheim bis zum Mehrgeschossbau. Sein Ministerium rechne damit, dass rund 50 Prozent der Tesla-Beschäftigten in Berlin wohnen und nach Grünheide pendeln werden. Andere werde es in die umliegenden Brandenburger Gemeinden ziehen. "Natürlich werden auch die Immobilienpreise einen Einfluss darauf haben, wo die Menschen hinziehen", sagte Beermann. "Es arbeiten ja nicht nur Manager bei Tesla. Der überwiegende Anteil der Beschäftigten dürfte in der Produktion tätig sein."
Nicht alle würden nach Grünheide ziehen können und wollen.
Foto: Standort von neuer Tesla-Fabrik in Brandenburg (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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