Brüssel - Thomas de Maiziere (CDU) hat Forderungen zurückgewiesen, die EU solle militärisch unabhängiger von der NATO werden oder gar eine eigene Europäische Armee gründen. "Wir glauben nicht, dass eine strategische Autonomie außerhalb der NATO sinnvoll ist", sagte der CDU-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio.

Vielmehr müsse die EU ihre Fähigkeiten innerhalb der NATO stärken: "Etwas weniger große Sprüche und etwas mehr konkrete Taten würden der europäischen Sicherheitspolitik guttun und auch dem Bündnis", so der ehemalige Bundesinnenminister. Thomas de Maiziere ist Co-Vorsitzender einer Reflexionsgruppe, die die NATO eingesetzt hat, unter anderem nach der Kritik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der der NATO den "Hirntod" bescheinigt hatte. Das sei eine "konstruktive Provokation" gewesen, sagte de Maiziere. "Es war ein Gedankenanstoß, dass die Erneuerung der NATO wegen äußerer Veränderungen der Lage und wegen innerer Verkrustungen jetzt wirklich etwas ist, das angegangen werden muss. Wenn unsere Gruppe dazu einen Beitrag geleistet hat, dann hätte auch der französische Präsident etwas Gutes bewirkt."

Die Expertengruppe hat nun ein Papier mit 140 Reformvorschlägen offiziell an die Allianz übergeben. Unter anderem empfiehlt das Papier mit dem Titel "NATO 2030: United for a New Era", Entscheidungen schneller herbeizuführen, indem das Einstimmigkeitsprinzip der NATO aufgeweicht wird. "Das Konsensprinzip kann nicht heißen: Ich bleibe in meinem Sessel sitzen und sage immer nein. Dann entsteht Stillstand", mahnte der frühere Verteidigungsminister.

Aber man habe keineswegs vor, dass Einstimmigkeitsprinzip völlig auszuhebeln. Man wolle das Einlegen eines Vetos nur erschweren, indem ein Veto-Recht erst ab der Ministerebene gelten solle. "Wir wollen das Konsensprinzip verlebendigen", so de Maizière.

Was äußere Herausforderungen der NATO betrifft, so empfiehlt die Expertengruppe, China stärker in den Fokus des Bündnisses zu rücken. "China ist kein Randthema der NATO, sondern ein zentrales Thema", so der CDU-Politiker. Noch sei China zwar keine Bedrohung für die NATO, doch potentiell könne es das werden. "Manche haben die Sorge, dass die NATO von einem transatlantischen zu einem indo-pazifischen Sicherheits-Bündnis wird. Dass wir etwa für Taiwan oder jemand anderes eine Sicherheitsgarantie aussprechen. Das ist dezidiert nicht Teil unserer Empfehlung", sagte de Maizière dem ARD-Hauptstadtstudio.

Gleichzeitig sei es wichtig, mit "strategischen Partnern im Indo-Pazifik wie Neuseeland, Australien, Japan, Südkorea zusammenzuarbeiten".

Foto: EU-Fahnen (über dts Nachrichtenagentur)

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